Ausstellung im Diözesanmuseum St. Afra beleuchtet Zeitenwende um 1521

Aufbruch in neue Welten

AUGSBURG – „Next 500“: Mit diesem Schlagwort wird in Augsburg derzeit auf das 500-jährige Bestehen der Fuggerei hingewiesen. 1521 unterzeichnete Jakob Fugger der Reiche die Stiftungsurkunde für die Sozialsiedlung. „Was war das für eine Zeit?“, fragte sich die Leiterin des Diözesanmuseums St. Afra in Augsburg, Melanie Thierbach, und erarbeitete die ungewöhnliche Begleitausstellung „1521“. 

Die Gründung der Fuggerei war zwar eine sehr katholische Angelegenheit, gleichzeitige Weltereignisse hatten aber weniger mit der Kirche zu tun. Auf jeden Fall war 1521 ein besonderes Jahr.

Die Ausstellung beleuchtet vier bedeutende Ereignisse: 1521 starb der Weltumsegler Ferdinand Magellan auf der philippinischen Insel Mactan. Er hatte die südostasiatischen Gewürzinseln auf westlicher Route erreichen wollen. Im selben Jahr eroberte Hernán Cortés das mexikanische Aztekenreich. In Worms weigerte sich Martin Luther vor Kaiser Karl V., seine Lehren zu widerrufen, worauf der Reichsbann über ihn verhängt wurde. Und die Türken eroberten Belgrad. 

In alle vier Ereignisse war Augsburg verwickelt, und gemeinsam war ihnen, dass sie durch die „schwarze Kunst“, das neue Medium des Buchdrucks, rasch bekannt wurden und Auswirkungen auf die Weltsicht der Menschen hatten.

In der Ausstellung hat jedes Ereignis seine eigene Farbe. Insgesamt ergibt sich das Bild einer Zeitenwende. Um 1521 wurde die Welt des Mittelalters durch neue Weltanschauungen gesprengt – was für die meisten Zeitgenossen eher beängstigend als hoffnungsvoll gewesen sein dürfte.

Was es an Neuem gab, wurde in Europa durch Bücher und Flugschriften rasch verbreitet und begierig aufgenommen. In der Ausstellung sieht man Werke von Augsburger Druckern wie Johann Froschauer, die sie von Augsburger Künstlern wie Hans Burgkmair illustrieren ließen. Burgkmair gelangen sehr akkurate bildliche Darstellungen vom indischen Subkontinent, obwohl er selbst nie dort gewesen war. Er verarbeitete Skizzen von Reisenden und konnte auch Mitbringsel wie Tier- und Pflanzenpräparate studieren. Ein bedeutender Exotikasammler war etwa der Augsburger Gelehrte Konrad Peutinger.

Es gab aber auch recht sensationslüsterne Berichte über bizarre religiöse Bräuche der Indios, die Menschenopfer einschlossen. Sie dienten später als Rechtfertigung für die Eroberung der mittel- und südamerikanischen Reiche, deren Hauptmotiv freilich die Jagd nach Gold war. 

Im Druck erschienen auch die Feldzüge des Osmanenherrschers Süleyman des Prächtigen. Sie beherrschten die Nachrichtenlage in West- und Mitteleuropa. Dies wiederum machte Luthers Thesen gegen Ablass, Papsttum und Missstände in der Kirche – auch gegen das Gewinnstreben der Fugger – auf dem Reichstag zu Worms zu einem Nebenthema. Luther profitierte von der Druckkunst, indem sich seine Schriften und auch seine volkstümlich verdeutschte Heilige Schrift rasch und weithin verbreiten konnten.

Es war eine Umbruchszeit, was sich an zahlreichen Exponaten festmachen lässt. Kulturen, die bis zum Beginn des 16. Jahrhunderts kaum etwas voneinander gewusst hatten, prallten nicht von vornherein feindlich aufeinander, sondern begegneten einander zunächst mit Neugier und Aufgeschlossenheit. Das galt sowohl für die Neue Welt als auch für die Türken. 

Der Augsburger Bischof Otto Truchsess von Waldburg wusste, dass er der Gefahr besser begegnen konnte, wenn er den Islam verstand. Er bediente sich der Kenntnisse des Theologen Johann Albrecht Waldmannstetter, der den Koran in Auszügen ins Deutsche übersetzte und aus katholischer Sicht kommentierte. Die Ausstellung zeigt auch, dass die drohende Türkeninvasion süddeutsche Waffenschmiede nicht davon abhielt, den Osmanen Kriegsgerät zu verkaufen.

Kurios erscheint die sogenannte Luther-Kasel, ein in Ottobeuren aufbewahrtes Messgewand, das Martin Luther angeblich trug, als er in Memmingen einen Gottesdienst feierte. Das war vor seinem Bekehrungserlebnis, als er mit einem klösterlichen Mitbruder nach Rom reiste und im Kloster Memmingen Station machte.

Andreas Alt

Info: Die Sonderausstellung ist bis 28. November dienstags bis samstags von 10 bis 17 und sonntags von 12 bis 18 Uhr geöffnet.