Demenzhelfer der Malteser begleiten erkrankte Menschen

Gemeinsam eine Arie gehört

STEPPACH – Demenzkranke werden oft zu Hause betreut und gepflegt. Das ist sowohl für die Betroffenen als auch für ihr Umfeld gut. Die Angehörigen werden durch die Pflege aber auch sehr belastet. Je weiter die Krankheit fortschreitet, desto mehr müssen sie den Kranken beaufsichtigen und auch einfache Alltagsverrichtungen für ihn übernehmen. 

Schließlich wird es unmöglich, den Erkrankten auch nur für wenige Stunden allein zu lassen. Der Malteser Hilfsdienst bietet in dieser Situation Unterstützung in Form von ehrenamtlichen Demenzhelfern an. Petra Härle aus dem nördlichen Landkreis Augsburg ist in dieser Funktion jetzt seit gut sechs Jahren tätig.

Laut Petra Härle sieht die Arbeit eines Helfers je nach Demenzphase recht unterschiedlich aus. Sie hat bisher fast ausschließlich mit Menschen zu tun, die sich infolge der Krankheit bereits völlig in sich zurückgezogen haben, nicht mehr sprechen und kaum auf ihr Gegenüber reagieren. Es dauert jedenfalls einige Zeit, bis sie die Besucherin wahrnehmen. Am Ende können sie nicht einmal mehr selbstständig essen, weil sie nicht mehr wissen, wie man Besteck benutzt. Oft sind solche Menschen generell erschöpft und schalten schnell ab.

Das erschwert die Betreuung. Aber Petra Härle betont, auch von solchen Patienten komme viel zurück. So besuchte sie einmal einen Mann, der vor dem Ausbruch der Demenz ein großer Opernliebhaber war und zahlreiche Videokassetten mit Aufnahmen von Opernaufführungen besaß. Sie beschloss, ihm eine solche Aufnahme noch einmal vorzuführen. Der Mann zeigte nach ihren Worten sonst fast keine Gefühlsregung mehr, aber als in dem Video Anna Netrebko auftrat und eine Arie sang, begann er zu klatschen.

Ähnlich erging es ihr mit einer Frau, die ebenfalls nur noch teilnahmslos dasaß. Wurde im Raum gesprochen, dann brummelte sie manchmal vor sich hin, als ob sie mitreden wollte. Einmal trat die Betreuerin der Patientin versehentlich leicht auf den Fuß. Darauf sagte sie laut und deutlich: „Aua!“ Obwohl es ein Missgeschick war, freute sich die Helferin, dass die Frau sich doch noch einmal so klar artikulierte.

An eine dritte Demenzkranke erinnert sich Petra Härle. Diese Frau war früher immer gern gereist. Also sah sie sich zusammen mit ihr Reiseprospekte an und fand so mit der Zeit Zugang zu ihr. „Ich konnte mit ihr immer etwas machen, was gut für sie war“, betont sie. Es ging dann sogar noch darüber hinaus: Die Frau hatte bisher eigentlich nicht gern gebastelt. Aber zu Ostern brachte Petra Härle Eier und Buntpapier mit und bewegte sie nach und nach dazu, beim Verzieren der Eier mitzumachen. „Es war für sie ein kleines Erfolgserlebnis.“

Angehörige entlasten

Wer Demenzhelfer werden will, muss zunächst eine 40-stündige Schulung, verteilt auf sechs Termine, absolvieren. Demenzhelfer leisten den Kranken nur Gesellschaft. Sie geben keine Medikamente und sind auch sonst an der Therapie nicht beteiligt. Demenzhelfer ermöglichen es vor allem pflegenden Angehörigen, einmal aus ihrer Dauerbelastung herauszukommen und vielleicht für eine Besorgung das Haus verlassen zu können. „Wir sagen, wir sind eigentlich für die Angehörigen da, nicht für die Kranken.“ 

Härle besucht einen Patienten einmal pro Woche. „Die Chemie mit ihm und den Angehörigen muss stimmen“, sagt sie. „Schließlich bin ich für einige Zeit allein in einer fremden Wohnung.“

Wichtig ist ihr: „Man darf den Demenzkranken nicht zu nahe kommen. Man muss die richtige Distanz finden.“ Manchmal haben sie einen starken Bewegungsdrang, so dass es sich teilweise anbietet, mit ihnen Spaziergänge zu machen. 

Petra Härle hat ihre Patienten jeweils bis zu deren Tod begleitet. Sie kümmert sich immer nur um einen. Wie lange ein Besuch dauert, vereinbart sie mit der Familie. Der Dienst ist aber nicht so gedacht, dass er den ganzen Tag über dauert. Die Besuche sollten vormittags oder nachmittags stattfinden. Dafür erhält sie eine Aufwandsentschädigung. Die Arbeit ist völlig freiwillig: „Ich kann jederzeit aufhören.“

Gibt es Probleme, so kann sich Petra Härle selbst an eine Betreuerin bei den Maltesern wenden. Es werden Fortbildungen und Helfertreffen zur Supervision angeboten. „Zum Großteil sind unsere Demenzhelfer Frauen“, erklärt Petra Härle. „Die Tätigkeit ist aber auch für Männer geeignet.“

Andreas Alt

Info: 

Wer Demenzhelfer bei den Maltesern werden will, kann sich an Susanne Musiol von den Maltesern in Augsburg wenden, Telefon 08 21/2 58 50 - 48, 

E-Mail susanne.musiol@malteser.org.

07.11.2018 - Bistum Augsburg , Pflege