Franziskanerinnen in Kaufbeuren

Wo die heilige Crescentia lebte

KAUFBEUREN – Die heilige Cres­centia (1682 bis 1744) als Vorbild und der hervorragende Ruf des Kauf­beurer Klosters: Das sind nur zwei Gründe, weshalb der Konvent im Gegensatz zu vielen anderen Klöstern kaum Nachwuchsmangel hat. Vor 800 Jahren kamen die ersten Franziskaner nach Deutschland. Ihre Tradition halten die 30 Schwestern in der Kaufbeurer Altstadt lebendig.

Wegen ihrer offenen Art gegenüber den Themen der weltlichen Gesellschaft und ihrer großen Hilfsbereitschaft werden die Schwestern von den Bürgern sehr geschätzt, auch wenn die Pandemie zwischenzeitlich die Begegnungen erschwerte. Die Kirche als Ort der Ruhe und Besinnung musste größtenteils für Gottesdienste geschlossen bleiben, genauso wie die Crescentia-Gedenkstätte im Kloster, die anschaulich über das Leben und Wirken von Anna Höss – so der bürgerliche Name der heiligen Schwester Cres­centia – informiert.

Die Ursprünge des heutigen Klosters gehen gemäß Überlieferungen bis ins 13. Jahrhundert zurück, als es durch Anna vom Hof gegründet worden war und die Gemeinschaft nach Art der Beginen lebte. Urkundlich erwähnt wurde der Konvent zum ersten Mal am 10. Mai 1261 als „Schwestern vom Maierhof“. Um 1315 schloss sich die Schwesterngemeinschaft auf Anordnung des Konzils von Vienne dem Franziskanerorden an.

Ab etwa 1831 kümmerten sich die Schwestern um den Schulunterricht für die katholischen Mädchen der Stadt. 1953 wurde ein Realgymnasium gegründet. 210 Mädchen lebten zu dieser Zeit im Internat, 600 wurden insgesamt unterrichtet. Bis 1975 oblag die Trägerschaft für die Marienschulen in Kauf­beuren dem Crescentiakloster. Nach der Gründung des Schulwerks der Diö­zese Augsburg wurde die Trägerschaft dorthin übergeben. 

Enge Verbindungen zwischen dem Kloster und den Mädchenschulen bestehen weiter durch das Internat und die Nachmittagsbetreuung sowie die Mensa. Bereits ab 1857 bis 1996 gab es eine Niederlassung in Obergünzburg, deren Schwestern hauptsächlich in der Schule und im Kindergarten wirkten. 

Als Oberin Schwester M. Martha Lang 1983 in die Gemeinschaft eintrat, gehörten ihr noch über 100 Schwestern an. Die Freude am Gottesdienstbesuch und die Besinnungstage für junge Frauen waren für sie die ersten Berührungspunkte mit dem Klosterleben, bevor sie sich entschloss, ihrer Berufung zu folgen. „Jetzt im Nachhinein möchte ich sagen, dass es der heilige Franziskus und die heilige Crescentia waren, die mich angezogen haben“, erläutert Schwester Martha. 

Aktuell gehören dem Kaufbeurer Kloster 30 Schwestern im Alter von 25 bis 95 Jahren an. Schwester Mirjam legte im Mai 2021 ihre erste Profess ab und hat damit zunächst für zwei Jahre versprochen, nach den so genannten Evangelischen Räten in Gehorsam, Armut und eheloser Keuschheit in der Ordensgemeinschaft zu leben. Im Juniorat, also der Zeit nach dem Noviziat bis zur Profess auf Lebenszeit, sind derzeit vier Schwestern. 

Die Pandemie hat die Tagesstruktur in den vergangenen eineinhalb Jahren deutlich verändert. Oberin Schwester Martha ist sehr froh, dass fast alle Ordensfrauen inzwischen geimpft sind und bisher niemand aus der Gemeinschaft erkrankte.

Die monatlichen Gottesdienste mit den „Freunden des Crescentiaklosters“, die Sonnengesänge im Berggarten, Führungen durch die Gedenkstätte, Kloster auf Zeit, Exerzitien und selbst das Einkaufen im Klosterladen mussten pausieren. Nur der Pfortenbetrieb und auch die Essensausgabe für Bedürftige konnten mit strengen Auflagen weitergeführt werden. 

Dieser Liebesdienst geht auf das Betreiben von Crescentia persönlich zurück, die am 17.  Juni 1703 eintrat und 1744 starb. Vor 20 Jahren, am Christkönigssonntag 2001,  wurde sie durch Johannes Paul II. heilig gesprochen. Überliefert ist, dass sie ihre Oberin um Erlaubnis bat, für die Armen am Tor auf ihre eigene Essensration zu verzichten. Sogar ihr einziges Paar Schuhe soll sie damals verschenkt haben. 

Elke Sonja Simm

Öffnungszeiten: 

Der Berggarten, dessen verschiedene Gestaltungselemente sich am Sonnengesang des heiligen Franziskus orientieren, hat bei gutem Wetter täglich von 9 bis 19 geöffnet. Auch im Klosterladen sind Besucher mittlerweile wieder erlaubt. Über den aktuellen Stand informiert die Homepage des Klosters, 

www.crescentiakloster.de.

08.08.2021 - Bistum Augsburg , Orden