Frauen pilgern in aller Herrgottsfrühe vom Dom zur Basilika St. Ulrich und Afra

Der zündende Funke fürs Herz

AUGSBURG – „Wir wollen uns auf den Weg machen wie die Frauen am Ostermorgen“, ruft Ursula Schell vom Katholischen Deutschen Frauenbund (KDFB)des Diözesanverbands Augsburg ermunternd den zahlreichen Pilgerinnen zu. Diese sind zur diesjährigen Frauenwallfahrt im Rahmen der Ulrichswoche gekommen.

Es ist der frühe Mittwochmorgen, 5.30 Uhr. Die Glocken des Hohen Doms läuten, Hunderte Frauen machen sich auf den meditativen Weg durch die erwachende Bischofsstadt hin zur Basilika des Bistumspatrons Ulrich.

Hinter dem Kreuz und den Fahnenträgerinnen aus vielen Orten der Diözese formieren sich die Pilgerinnen zu einem langen Zug. Noch auf dem Domplatz danken sie mit kräftiger Stimme trotz früher Stunde dem Herrn für diesen guten Morgen: „Danke, dass ich dein Wort verstehe, danke, dass deinen Geist du gibst, danke, dass in der Fern und Nähe du die Menschen liebst.“ Das Lied erinnere die Frauen daran, dass ihre Wallfahrt in einer langen Tradition steht. 

Bereits 1947 rief der KDFB – tief unter dem Eindruck der verheerenden Folgen des Zweiten Weltkriegs – zu einer Wallfahrt auf, um für das Ende des Kriegs zu danken und Gott für einen dauerhaften Frieden zu bitten, der nur in einer menschenfreundlichen Gesellschaft gelebt werden kann. Die diesjährige Frauenwallfahrt steht unter dem Motto: „Gottes Wort zum Klingen bringen.“ Dazu passt auch das Lied, das auf dem Weg zum Schrein des Bistumsheiligen Ulrich gesungen wird: „Schweige und höre, neige deines Herzens Ohr! Suche den Frieden.“ 

Schon auf der Maximilianstraße kann man das prachtvolle Geläut aus dem Kirchturm von St. Ulrich und Afra hören. Die Basilika selbst erstrahlt im frühen Sonnenlicht, als die Wallfahrerinnen ihr Ziel erreichen. Domkapitular Harald Heinrich zelebriert zusammen mit den Pfarrern Manfred Krumm und Thomas Schwartz den festlichen Gottesdienst. 

Im Mittelpunkt der Predigt steht das genannte Motto der Ulrichswallfahrt. „Welche Worte habe ich heute schon gehört? War eines dabei, das wichtig war? Gab es heute morgen schon ein Wort, das berührt hat und bleibt?“, fragt Domkapitular Heinrich die im Kirchenschiff versammelten Frauen. „Schauen wir auf Lydia, die Purpurhändlerin in Philippi. Sie hörte Paulus aufmerksam zu, als er das Evangelium verkündete, sie lauschte, und der Herr öffnete ihr Herz.“

Aus den Worten der Tageslesung folgert Heinrich: „Das brauchen wir alle, diesen zündenden Funken, der unser Herz öffnet für Gott und füreinander.“ Wer in einer guten Beziehung zu Gott stehe, höre, was der Herr sage. Er habe Sehnsucht nach Gottes Wort, weil es gut sei und wohltue. Am Anfang stehe das Hinhorchen, und man spüre, wie Gott dem, der auf ihn höre, buchstäblich das Herz aufgehen lasse, führte Heinrich weiter aus. Denn der Glaube komme vom Horchen auf den Herzschlag Gottes. 

Die Predigtworte entfalten an diesem besonderen Ort eine besondere Wirkkraft, stand doch lange Jahrhunderte hier ein weithin berühmtes Benediktinerkloster. Die Mönche folgten der Regel ihres Ordensgründers, die, so Heinrich, ganz auf das Hören ausgerichtet sei. Was für die Mönche gegolten habe und gelte, sei für alle Programm in der Schule des Glaubens: das Hinhorchen auf Gott, auf die Familie, die Gemeinde, auf andere – dies alles habe, so schließt Heinrich, viel für die eigene Glaubensbeziehung zu sagen. 

Mit dem kostbaren Ulrichskreuz spendet Domkapitular Heinrich den Schlusssegen. Am Ende des Gottesdienstes werden traditionsgemäß auch wieder die Ulrichsbrote gesegnet und verteilt. Dankbar und fröhlich stimmen alle in das Ulrichslied ein: „Streiter in Not, Helfer bei Gott! Du Bischof und Held, von Gott auserwählt, mit Glaubenskraft beseelt.“ Ingrid Paulus