Der Kirche ein Gesicht geben

Interview mit Domkapitular Pinzer zur Pfarrgemeinderatswahl

REGENSBURG – Am 25. Februar sind auch in unserer Diözese wieder Pfarrgemeinderatswahlen. Dazu sprach die Katholische SonntagsZeitung/Regensburger Bistumsblatt mit Domkapitular Thomas Pinzer, in dessen Ressort als Leiter der Hauptabteilung Seelsorge im Bischöflichen Ordinariat unter anderem ja auch der Pfarrgemeinderat fällt.

Herr Domkapitular Pinzer, wir leben – auch was die Demokratie hierzulande betrifft – in unruhigen Zeiten. Welchen Stellenwert hat vor diesem Hintergrund die Pfarrgemeinderatswahl am 25. Februar 2018?

Einen sehr hohen. Auch wenn die Kirche keine Demokratie ist, so gibt es durchaus demokratische Elemente in der Kirche. Und wie die Demokratie, so lebt und gedeiht auch die Kirche von der aktiven Beteiligung aller.
Spätestens seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil wird jedem Gläubigen nahe gelegt, sich in die Kirche einzubringen und Verantwortung für die Kirche zu übernehmen. Wörtlich heißt es im Dekret über das Apostolat der Laien „Apostolicam actuositatem“, Nr. 3: „Aus dem Empfang dieser Charismen, auch der schlichteren, erwächst jedem Glaubenden das Recht und die Pflicht, sie in Kirche und Welt zum Wohl der Menschen und zum Aufbau der Kirche zu gebrauchen.“
Ich sehe die Teilnahme an der Pfarrgemeinderatswahl schlicht als ein Zeichen dafür, dass dem Wähler und der Wählerin etwas an der Kirche liegt und dass die Kirche lebendig sein soll.

Das Motto der Wahl lautet „Zukunft gestalten. Weil ich Christ bin!“. Was drückt für Sie dieses Motto aus?

Es geht darum, nach vorne zu schauen. Es gilt, den Glauben hier und heute zu leben und zu bezeugen und das Evangelium in die Tat umzusetzen. Ziel ist es, den Glauben an die nächste Generation weiterzugeben.
Dabei sind die „Christgläubigen (…) nicht einfach Mitarbeiter des Klerus, sondern mitverantwortlich für Sein und Handeln der Kirche“, wie es Papst Benedikt XVI. im Jahr 2009 oder die Deutsche Bischofskonferenz in ihrem Wort „Gemeinsam Kirche sein“ aus dem Jahr 2015 festgestellt hat. Diese Mitverantwortung wird im Pfarrgemeinderat ganz deutlich sichtbar, auch weil er ein Beratungsgremium des Pfarrers ist. Im Statut heißt es sogar, dass der Pfarrer den Beratungsvoten des Pfarrgemeinderates folgen soll, wenn nicht schwerwiegende theologische oder pastorale Gründe dagegen sprechen.

Das Wahlalter ist für das aktive Wahlrecht auf 14 gesenkt, das passive Wahlrecht gilt ab 16. Das klingt fast nach letztem Aufgebot.

Als ehemaliger Jugendpfarrer und BDKJ-Diözesanpräses sehe ich das natürlich komplett anders. Es geht darum, dass die Jugendlichen ernst genommen werden. Auch diese und vor allem diese haben der Kirche viel zu sagen, wie es schon Papst Johannes-Paul II. immer wieder betont hat. Wenn es stimmt, dass die Kirche sich ständig erneuern muss, dann ist es die prophetische Kraft der Jugend, die diesen ständigen Erneuerungsprozess mittragen kann und soll. Ich darf in unserem Bistum immer wieder hoch engagierte junge Menschen erleben. Das ist sicher auch ein Resultat unserer hervorragend aufgestellten Jugendpastoral. Allen hier Tätigen möchte ich ein herzliches Dankeschön und Vergelt’s Gott aussprechen. Das Bistum Regensburg kann sehr stolz auf seine Jugend und seine Jugendarbeiter sein.
Darüber hinaus möchte ich darauf hinweisen, dass sich das Wahlalter in den letzten Jahren nicht verändert hat. Die Jugend war der Kirche schon immer wichtig und das wird es auch bleiben.

Was erwarten Sie als Bistumsleitung von jemandem, der im Pfarrgemeinderat mitarbeitet?

Ich glaube, da gibt es keine überzogenen Erwartungen. Es genügt, wenn man ein authentischer Christ ist, mit all den Fehlern und Schwächen, die so jeder Christ auch mit sich herumträgt. Authentizität und Engagement sind wohl die wichtigsten Voraussetzungen für einen Christen, der im Pfarrgemeinderat mitarbeiten will. Daneben gibt es viele weitere „soft skills“, so würde man neudeutsch sagen, die man vielleicht in zwei Schlagworten zusammenfassen kann: Soziale Kompetenzen und Glaubenskompetenz.

Was dürfen umgekehrt Pfarrgemeinderatsmitglieder von der Bistumsleitung erwarten?

Wertschätzung! Wertschätzung des Pfarrers, und Wertschätzung des Bischofs. In der Dankesurkunde des Bischofs, die an verdiente Pfarrgemeinderatsmitglieder vergeben wird, heißt es: „Sie alle haben durch Taufe und Firmung Anteil am Leib Christi und an seiner Sendung als Lehrer, Hirte und Priester. Alle hat er uns berufen und befähigt, Zeugnis zu geben für ihn; und zwar dort, wo der Herr uns hingestellt hat: im Beruf, in der Familie, in der Wirtschaft, im öffentlichen Leben: Verschiedene Dienste, eine Sendung, dafür zu sorgen, dass Gott groß geschrieben wird. In dieser gemeinsamen Sorge sind wir alle Kirche.“
Wir im Bistum Regensburg sind froh und dankbar über die rund 6000 Ehrenamtlichen, die sich in den Pfarrgemeinderäten engagieren. Es würde nicht nur irgendetwas fehlen, wenn es diese nicht gäbe, es würde die Kirche vor Ort wohl auch nicht mehr geben. Sie alle geben der Kirche ein Gesicht in der alltäglichen Welt.
Darüber hinaus versuchen wir hier in der Hauptabteilung Seelsorge Unterstützung für diese Ehrenamtlichen durch unsere Fachstellen zu gewährleisten, allen voran die Geschäftsstelle für die Diözesanen Räte, die immer ein offenes Ohr hat für die Anliegen aus den Pfarrgemeinderäten. Aber auch viele andere Stellen: Kirchliche Organisationsberatung/Gemeindeberatung, Weltkirche, Schöpfung und Umwelt, Gemeindekatechese, Katholische Jugendstellen, Katholische Erwachsenenbildung und so weiter.

Letzte Frage: Gehen Sie eigentlich auch wählen?

Natürlich!
    

Interview: Stefan Mohr