400 Jahre Pfarrei Wiesent

Zwei Jubiläumsgottesdienste

WIESENT (pdr/sm) – Vor 400 Jahren ist die Kirchengemeinde in Wiesent zur Pfarrei erhoben worden. Das Jubiläum feierte die Pfarrei Mariä Himmelfahrt am vergangenen Sonntag mit Bischof Rudolf Voderholzer, der gleich zwei Pontifikalgottesdienste zelebrierte, um unter Corona-Bedingungen möglichst vielen Pfarr­angehörigen die Teilnahme zu ermöglichen.

Einen herzlichen Willkommensgruß sprach Pfarrer Franz Matok. Er erinnerte daran, dass Wiesent bereits seit dem 14. Jahrhundert eine Kirche besitzt, obwohl sie noch keine eigene Pfarrei war. Lange Zeit war Wiesent eine Filiale von Wörth an der Donau. Die Pfälzer bestimmten nach dem Grundsatz „Cuius regio, eius religio“ – der Herrscher eines Landes war berechtigt, die Religion für dessen Bewohner vorzugeben –, dass Wiesent von 1542 bis 1620 evangelisch zu sein hatte. 1620 heiratete Pfalzgraf Wolfgang Wilhelm eine bayerische Prinzessin, konvertierte zum katholischen Glauben und Wiesent wurde im gleichen Jahr zur selbstständigen Pfarrei erhoben.

„Wir lassen nichts ausfallen, wir lassen uns etwas einfallen“, betonte der Regensburger Diözesanbischof Rudolf Voderholzer. Er blickte auf die große Kirche, die hohen Räume, die vielen Minis­tranten und die zahlreichen Besucher und betonte: In unseren Kirchen finden wir einen sehr disziplinierten und vorsichtigen Umgang mit den Vorschriften in der Corona-Pandemie, und es ist von den Kirchen noch kein Infektionsfall ausgegangen.

In seiner Predigt blickte Bischof Rudolf auf das Evangelium, in dem ein Pharisäer Jesus die „Fangfrage“ stellt, welches Gebot im Gesetz am wichtigsten sei, weil er Jesus mangelnde Schriftkenntnisse unterstellte. Jesus aber gab präzise Antwort, ohne zu zögern: „Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele und mit deinem ganzen Denken! Das ist das wichtigste und erste Gebot. Ebenso wichtig ist das zweite: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst!“ Jesus schaut dabei auf die Koordinaten seines Lebens: Lieben mit ganzem Herzen und ganzer Seele. 

Anschaulich erklärte Bischof Rudolf dies mit einer Anekdote, einer jüdischen Überlieferung zu den Fragen eines Gottsuchers an die berühmten jüdischen Lehrer Schammai und Hillel. Der Mann wollte das Wichtigste der Religion gelehrt bekommen, während er auf einem Fuß steht. Rabbi Schammai dachte an die Tora mit ihren 613 Regeln, die fünf Bücher Mose mit allen Geboten und Auslegungen und fand keine Antwort. Rabbi Hillel beschrieb das Wichtigste im Judentum so: „Was dir selbst verhasst ist, das tue auch keinem anderen an!“ Diese Antwort, die auch bekannt ist als die Goldene Regel, hat Schule gemacht. Bischof Rudolf erinnerte daran, dass noch heute der fromme Jude täglich betet: „Höre, Israel, du sollst dem Herrn dienen, Gott lieben mit ganzem Herzen ...“ 

„Lassen wir uns täglich neu zu Gott bekehren“, betonte Bischof Rudolf und ermunterte, an die Verheißung Gottes zu glauben. Das Wichtigste im christlichen Glauben sei nicht das Gebot, sondern das, was Gott alles für die Menschen getan habe mit der Schöpfung der Welt, der Berufung seines Volkes und dem Auftrag, die Liebesbotschaft Gottes weiterzugeben. „Es ist die Botschaft, dass Gott nicht müde wird, um unsere Liebe zu ringen“, resümierte Bischof Rudolf. Die Gebote seien die Antwort darauf. 

Die Gläubigen der Pfarrei Wiesent rief er dazu auf, missionarische Pfarrei zu sein, eine Gemeinschaft, welche die Liebe Gottes ausstrahlt. Gleichzeitig dankte er für die Lebendigkeit, die hervorragende Kirchenmusik, den Zusammenhalt der vielen Ministranten und Pfarrer Matok für die anschauliche Glaubensverkündigung. Es brauche viel Geduld und Engagement, gerade jetzt in dieser Corona-Zeit. Bischof Rudolf bat, die Herausforderungen von Allerheiligen und Weihnachten anzunehmen, zusammenzuhalten und diese Feste besonnen durchzuführen. 

„Die Pfarrei Wiesent hat den Dreißigjährigen Krieg überstanden, die Kirche ist zweimal abgebrannt. Da werden wir auch die Corona-Pandemie überstehen“, rief der Bischof den Gläubigen zu und legte ihnen das Telefon ans Herz, um missionarische Kirche zu sein, einfach anzurufen und zu fragen, wie es geht. „Die Botschaft, dass Gott die Liebe ist, darf nicht verstummen. Sie soll weitergetragen und weitergesagt werden“, sagte Bischof Rudolf abschließend und wandte sich mit dieser Bitte vor allem an die Kinder und Jugendlichen, damit auch in 50 Jahren das 450-jährige Jubiläum der Pfarrei gefeiert werden könne. 

Musikalisch wurden die beiden Gottesdienste vom Kirchenchor gestaltet: um 9 Uhr von den Frauenstimmen, um 11 Uhr von den Männerstimmen.

28.10.2020 - Bistum Regensburg