Rückblick und Ausblick durch den scheidenden und den designierten neuen Generalvikar

„Kirche muss ein Schutzraum sein“

REGENSBURG (KNA/sm) – Nach mehr als 15 Jahren gibt es im September dieses Jahres einen Wechsel an der Spitze des Generalvikariats im Bistum Regensburg. Domkapitular Dr. Roland Batz löst Prälat Michael Fuchs im Amt des Generalvikars ab. Im Rahmen eines Pressegesprächs im Regensburger Diözesanzentrum Obermünster stellten sich beide den Fragen der Journalisten und gaben eine Bilanz zur Amtszeit des bisherigen sowie einen Ausblick auf die Herausforderungen des neuen Generalvikars, wirkt dieser doch als „alter ego“ des Bischofs von Regensburg. 

Fuchs, dienstältester Generalvikar in Bayern und in Deutschland unter den drei dienstältesten Generalvikaren, hatte Bischof Rudolf Voderholzer gebeten, noch einmal als Pfarrer in die Leitung einer Pfarrei wechseln zu dürfen, und Bischof Rudolf entsprach dieser Bitte. Im Herbst wird Fuchs nun als Seelsorger die Regensburger Pfarrei St. Wolfgang leiten und folgt damit auf Prälat Alois Möstl. Fuchs sprach von seiner „Urberufung als Priester“. Im Alter von nun 57 Jahren blieben ihm noch 13 Dienstjahre, das sei ein Zeitraum, in dem man noch etwas aktiv gestalten könne.

Die Berufung zum neuen Generalvikar durch Bischof Rudolf Voderholzer habe ihn „total überrascht“, sagte Batz. Zuletzt war er von 2012 bis 2017 Caritas-Direktor und seither als Hauptabteilungsleiter für die Diözesane Caritas Vorsitzender des Diözesan-Caritasverbandes und der Katholischen Jugendfürsorge.

Zum Thema Kirchenaustrittszahlen sprach Batz von einem besorgniserregenden Vorgang, den man nicht auf die leichte Schuler nehme. „Kirche lebt von der Gemeinschaft. Jeder, der sie verlässt, hinterlässt eine Lücke.“ Ein wesentlicher Punkt zur Lösung des Problems werde es sein, in den Pfarrgemeinden eine geistige Atmosphäre zu schaffen, damit junge Menschen den Priester- und Ordensberuf als attraktiv empfänden.

Zu den Missbrauchsfällen in der Diözese kündigte Batz eine umfassende historische Aufarbeitung an. „Wir werden das, was bei den Domspatzen schon geschehen ist, auf die Fläche des Bistums ausbreiten.“ Dabei solle jedem Opfer soweit möglich Gerechtigkeit widerfahren. Für die Kirche als Institution gehe es darum, aus begangenen Fehlern zu lernen.

Kirche müsse ein Schutzraum sein für Kinder, Menschen mit Behinderungen und andere, die sich nicht selbst wehren könnten, fügte Batz hinzu. Im Vergleich mit anderen Institutionen in Deutschland sei die katholische Kirche schon sehr weit, und sie werde von dem eingeschlagenen Weg auch nicht mehr abweichen. 

Fuchs sagte, der Missbrauchsskandal zähle zu den größten Enttäuschungen seiner Amtszeit. Er sei auch für ihn persönlich mit schmerzlichen Lernprozessen verbunden gewesen. „Ich hätte öfter schneller und entschiedener handeln müssen“, räumte er ein. „Ich habe Fehler gemacht, aber die wird auch mein Nachfolger machen.“ Wichtig sei der konsequente Blick auf die Betroffenen. Wenn diese sich oft erst nach langer Zeit öffneten, „muss man sie sehr ernst nehmen“. Bis in die Pfarreien hinein gelte es, eine „Kultur der Sensibilität“ zu schaffen. Künftig müsse jede kirchliche Institution über ein Schutzkonzept verfügen.

Batz schloss auf Nachfrage auch mittelfristig die Bildung größerer Seelsorgeeinheiten in der Diözese Regensburg aus. Es werde in der bisherigen Planung, die auf das Jahr 2034 ausgerichtet sei, „nicht im geringsten“ an pastorale Räume „mit zigtausenden Gläubigen“ gedacht. Pfarreiengemeinschaften, die derzeit aus höchstens drei Pfarreien gebildet würden, würden künftig aber womöglich vier bis fünf Pfarreien umfassen. Dies werde „sehr behutsam“ gestaltet werden.

Auf die Finanzsituation angesprochen, verwies der scheidende Generalvikar auf eine Studie von Professor Bernd Raffelhüschen für die deutschen Diözesen, welche eine Halbierung der Kirchensteuereinnahmen bis zum Jahr 2060 prognostiziert. Daher würden in allen Gremien der Diözese die Ausgaben kritisch unter die Lupe genommen. Man werde sich manches nicht mehr leisten können, was bisher selbstverständlich gewesen sei. Auch die Corona-Krise werde eine „gewisse Delle“ in den Bistumsfinanzen hinterlassen. Schlimmer seien jedoch die gesundheitlichen und insbesondere psychischen Folgen. Manche Kinder und Jugendliche etwa würden gewisse Entwicklungsschritte nicht mehr aufholen können. „Da werden wir noch lange damit zu tun haben“, sagte Fuchs.

28.07.2021 - Bistum Regensburg , Missbrauch