Die Simultankirchen des Jahres in Freihung und Thansüß

Mehr als einen Blick wert

FREIHUNG/THANSÜSS (sg/sm) – Wenn das kein Grund für die Ernennung zur Simultankirche des Jahres ist: Die Kirche Heilige Dreifaltigkeit in Freihung (Landkreis Amberg-Sulzbach) wurde im vergangenen Jahr aufwendig renoviert. Jetzt erstrahlt sie in neuem Glanz und ist ein echtes Schmuckstück, das einen Besuch lohnt. Drei Kilometer entfernt, im Freihunger Ortsteil Thansüß, steht die evangelische Katharinenkirche. Das kleine Gotteshaus beherbergt einen Altar, wie es ihn in Bayern kein zweites Mal gibt.

Gemeinsam ist den beiden Gotteshäusern, dass sie jahrhundertelang von evangelischen und katholischen Christen gemeinsam genutzt und verwaltet wurden. So wie 48 weitere Kirchen in der mittleren und nördlichen Oberpfalz. Durch den Simultankirchen-Radweg sind sie heute miteinander verbunden. Seit 2015 ernennt der Förderverein Simultankirchen in der Oberpfalz jedes Jahr eine oder zwei von ihnen zu „Simultankirchen des Jahres“.

Der Verein will damit den kulturellen Schatz des Simultaneums in der Region wieder stärker ins Bewusstsein rücken. Von den ehemals fünfzig „Kirchen-WGs“ zwischen Etzelwang, Königstein und Sulzbach-Rosenberg, Erbendorf, Weiden und Vohenstrauß bestehen heute nur noch neun. Die Idee der religiö­sen Toleranz, die dahintersteht, ist jedoch bis heute aktuell.  

Eingeführt wurde das Simultaneum in Freihung und Thansüß im Jahr 1663 durch einen Erlass von Pfalzgraf Christian August von Sulzbach. Er sollte den Gläubigen beider Konfessionen nach den Schrecknissen des Dreißigjährigen Krieges eine ungestörte Religionsausübung garantieren. Ein geradezu revolutio­närer Entschluss, denn bis dahin waren alle Untertanen gezwungen, das Bekenntnis ihres Landesherrn anzunehmen.

Beide Konfessionen mussten sich allerdings ein Gotteshaus teilen. Da waren genaue Regelungen nötig, zum Beispiel wenn es um die Gottesdienstzeiten ging. Eine besondere Herausforderung stellten Baumaßnahmen am Kirchenraum dar, denn alle Entscheidungen darüber mussten immer gemeinsam getroffen werden.

Die Kirchen in Freihung und Thansüß wurden in den Jahren 1764/65 beziehungsweise 1721 erbaut, also zur Zeit der gemeinsamen Kirchennutzung. Dies lässt vermuten, dass die Zusammenarbeit der Konfessionen funktioniert hat.

In Freihung hatte das Simultaneum bis 1908 Bestand. Die evangelische Gemeinde durfte die von da an katholische Kirche aber bis 1922, bis zum Bau eines eigenen Gotteshauses, weiterhin nutzen. Die mit den Jahren angewachsene katholische Pfarrei erweiterte ihre Kirche in dieser Zeit auf der Westseite um rund ein Drittel. Wer sie heute betritt, kann sich unter anderem an einem Josefsaltar aus der Zeit des Rokoko und mehreren schönen Mariendarstellungen erfreuen. Der Hochaltar zeigt die Krönung Mariens, am linken Seitenaltar ist die Aufnahme Mariens in den Himmel dargestellt und auf der Kanzelseite ist eine sehr schöne Madonna mit Kind zu finden. Unter der Empore befindet sich eine berührende Darstellung der Pietà.

In Thansüß wurde das Simultaneum 1935 beendet. Hier zogen die Katholiken aus und erbauten sich eine neue Katharinenkirche im Ort. Als Ablöse zahlten die Evangelischen ihnen 1000 Reichsmark und durften dafür das Gotteshaus mit Kanzel, Glocken und Orgel sowie Hochaltar behalten. Letzterer ist mehr als einen Blick wert:

Um 1750 im Stil des Rokoko gestaltet, erhielt er Mitte der Dreißigerjahre des vergangenen Jahrhunderts ein neues Altarbild. Es versetzt das Kreuzigungsgeschehen in die nördliche Oberpfalz und ist etwas für Menschen mit Weitblick: Aus der Oberpfälzer Hügellandschaft ragen der Parkstein und der Rauhe Kulm hervor, eine Aussicht, die man auf der Höhe zwischen Thansüß und Kaltenbrunn genießen kann. 

Wirklich außergewöhnlich ist jedoch noch etwas anderes: Ein unbekannter Künstler hat weitere biblische Szenen in der Marmorierung der Säulen versteckt. Nur wer ganz nah herangeht oder ein Fernglas mitbringt, kann sie entdecken. Im Laufe des Jahres gibt es immer wieder Gelegenheit, im Rahmen einer Kirchenführung dieses besondere Kleinod zu entdecken.

27.02.2019 - Bistum Regensburg , Ökumene