Inklusives Team

„Sag‘s einfach!“ mit leichter Sprache

REGENSBURG – Manchmal bedarf es gar nicht vieler Worte. Vor allem nicht dann, wenn diese ohnehin nur für Verwirrung sorgen würden. Für Sebastian Müller ist diese Erkenntnis sowohl Berufung als auch Beruf. Als Büroleiters des „Vereins für leichte Sprache“ in Regenburg hat er sich der Verständlichkeit schwieriger Texte für Menschen mit Leseschwäche verschrieben.

„Sag‘s einfach!“, das ist das Leitmotiv Sebastian Müllers und seines Teams. Als eigens ausgebildete „Übersetzer“ nehmen sich er und seine vier Mitarbeiter Texte vor, die ansonsten einer erstaunlich breiten Bevölkerungsschicht verwehrt blieben. „Etwa siebeneinhalb Millionen Menschen in Deutschland haben einen großen Nutzen von der vereinfachten Sprache“, weiß Sebastian Müller. Das sind fast zehn Prozent der Gesamtbevölkerung.
Weitgreifendes Projekt
Für sie gibt es die „leichte Sprache“. Begriff und Konzept existieren in Deutschland seit dem Jahr 2003. Aus dem ursprünglichen Gedanken, Texte so aufzuarbeiten, dass sie auch von Menschen mit geistiger Behinderung verstanden werden, ist mittlerweile ein weitgreifendes Projekt geworden. Übersetzt werden Texte aller Art: praxisorientierte Prospekte für Menschen mit Behinderung, Webseiten, Wahlprogramme, in Regensburg gibt es demnächst einen Domführer.
Der Hintergrund: „Schnell hat man gemerkt, dass leichte Sprache auch anderen Zielgruppen hilft“, erklärt Sebastian Müller. Zum Beispiel Menschen mit „funktionalem Analphabetismus“, sprich Menschen, die Probleme beim Lesen und Schreiben haben. Oder Menschen mit Migrationshintergrund.
An all diese richtet sich die leichte Sprache. „Leicht“, das bedeutet in diesem Fall, klare Regeln: „Kurze Sätze, sinnvolle Absätze, ein klares Schriftbild, Fremdwörter vermeiden oder zumindest erklären, eine ergänzende Bebilderung.“ Was Sebastian Müller da aufzählt, dürfte so manchem Text gut tun.
Und in der Tat: Die vereinfacht dargestellten Sachverhalte werden auch außerhalb der Zielgruppe zunehmend beliebt. Unlängst war es ein Gymnasium, das beim Verein für leichte Sprache einen Text anforderte.
Die Übersetzungen des Büros, das in der Regensburger Altstadt liegt, sind Auftragsarbeiten. Fordert ein Kunde bei dem „Verein für leichte Sprache“, der zur Katholischen Jugendfürsorge (KJF) der Diözese Regensburg gehört, einen Text an, wird dieser von den Übersetzern entsprechend umgeschrieben.
Eine Prüfgruppe aus Menschen mit Lernschwierigkeiten nimmt die Sache anschließend unter die Lupe. Erst wenn diese Gruppe, die etwa aus Mitarbeitern der KJF-Werkstätten besteht, ihr Okay gegeben hat, bekommt der Text grünes Licht. „Hat die Prüfgruppe aber noch Probleme, dann muss der Text erneut umgeschrieben werden“, so Müller. Da hilft alles nichts.
Inklusives Team
„Wir sind ein inklusives Team“, sagt Sebastian Müller. Er selbst ist körperlich mehrfach behindert. „Das ist aber nicht der Grund, warum ich diese Stelle bekommen habe“, hält der 31-Jährige fest. Seine Qualifikation verdankt der Sozialpädagoge dem Schwerpunkt Inklusion, den er während seines Studiums gewählt hat. Natürlich könne er aufgrund seiner eigenen Behinderung „gewisse Probleme der Zielgruppe zum Teil besser nachvollziehen“, räumt Müller ein.
Bundesweit gibt es etwa 80 Büros für leichte Sprache. „Hier werden die Dinge auf den Punkt gebracht“, bringt es Sebastian Müller auf den Punkt. „Zehn Prozent der Bevölkerung profitieren von der Sprache“, fasst der Leiter des Büros zusammen. „Und 100 Prozent haben davon keinen Nachteil.“ Denn grundsätzlich gilt: Manchmal bedarf es einfach nur weniger Worte.

Susanne Wolke

18.01.2018 - Bistum Regensburg , Diakonie