Bayerisch-böhmischer Dialog zum Thema „Wie steht es um die Kirche?“

Sauerteig für die Gesellschaft

SCHÖNSEE (mb/sm) – Ein „bayerisch-böhmischer Dialog“ im Centrum Bavaria Bohemia in Schönsee, an dem auch der Regensburger Generalvikar Prälat Michael Fuchs mitwirkte, hat sich mit dem Thema „Wie steht es um die Katholische Kirche?“ beschäftigt.

Bei der von der Ackermann-Gemeinde organisierten Podiumsdiskussion stand zunächst die Situation der Kirche in den beiden Ländern im Fokus. Für das Bistum Regensburg sprach Generalvikar Fuchs – mit Ausnahme des fränkischen Sprengels im Bistumsnorden – von einer „volkskirchlichen Tradition“, doch „die Zahlen gehen zurück“ –bei den Katholiken insgesamt wie auch den Gottesdienstbesuchern. Dennoch attestierte er, dass oft eine „gute Vorstellung von Kirche und christlichem Glauben und von der christlichen Fundierung von Bräuchen und Traditionen“ vorherrsche.

Strukturunterschiede

Zwischen ländlichen und städtischen Strukturen unterschied Joachim Unterländer, der Vorsitzende des Landeskomitees der Katholiken in Bayern. Vor allem in Großstädten gebe es Menschen „mit einem anderen oder keinem Glauben“, was sich auch auf den Religionsunterricht, das Miteinander und den interreli­giösen Kontakt auswirke. „Wir haben in Bayern volkskirchliche Strukturen, die auf den städtischen Bereich überschwappen“, fasste der Landeskomitee-Vorsitzende zusammen.

Für den Bundesvorsitzenden der Ackermann-Gemeinde Martin Kastler sind die Kirchen in Bayern und Tschechien nicht vergleichbar – auch wegen der Unterdrückung der Kirche in der Zeit des Kommunismus und den daraus resultierenden Folgen. In Tschechien erlebe er manche „aktive Glaubensbeispiele“.

Detailliertere Fakten nannte Pater Stanislav Přibyl, Generalsekretär der Tschechischen Bischofskonferenz. „Circa 30 Prozent könnten Christen sein, die meisten davon Katholiken. Bei uns ist die Kirche nicht so gut strukturiert, sie hat eine schwierige Position“, führte er aus. Dennoch sprach er von einer „lebendigen Kirche“, wobei sich die Lebendigkeit und Identität vor allem auf die Aktivitäten in den Gemeinden und weniger auf die Institution Kirche beziehe.

Aus ihrer Glaubenspraxis vertiefte dies die Historikerin und Theologin Eva Vybíralová. Sie selbst sei in der Diaspora aufgewachsen und vor 30 Jahren in der Grundschule beziehungsweise im Gymnasium die einzige Gläubige gewesen. Das wiederhole sich nun bei ihren beiden Kindern, die in ihren Klassen die einzigen Katholiken seien. An die Zuhörer appellierte sie, sich bewusst zu fragen: „Was mache ich für meine Kirche?“

Brennende Fragen

Den zweiten Themenkomplex umschrieb Moderator Matthias Dörr mit „Brennende Fragen an die Kirche“. Hier nannte Joachim Unterländer die Missbrauchsskandale, deren Aufarbeitung mit Ehrlichkeit, Glaubwürdigkeit und unter Berücksichtigung der Situation der Opfer erfolgen müsse. Als weitere Herausforderungen sah er die Armut, Migration sowie die Globalisierungsprozesse. Aufgabe der Kirche sei „nicht nur die Glaubensvermittlung, sondern auch die Gesellschaftsgestaltung“, so der Landeskomitee-Vorsitzende.

Den Missbrauchsskandal bei den Domspatzen sprach Generalvikar Fuchs an. Er gestand ein, dass lange Zeit nur die Täter wahrgenommen worden seien und weniger die Opfer. Umso mehr werde bei der Aufarbeitung der Blick auf die institutionellen Gegebenheiten gerichtet, um solches künftig zu verhindern. Für die tschechische Katholische Kirche verwies Generalsekretär Přibyl auf Richtlinien der Bischofskonferenz und ein „gesundes, zuverlässiges Milieu“ in den katholischen Schulen. 

Weitere wichtige Aspekte sprach Martin Kastler an: die Tätigkeiten der Kirche im sozial-karitativen Bereich und die Rolle der Kirche als Gesprächspartner. Die „hohe Qualität von Einrichtungen in katholischer Trägerschaft“ betonte Joachim Unterländer. Generalvikar Fuchs mahnte an, diese auch „mit gutem Geist zu füllen“. Als zentrale Tätigkeitsfelder nannte Generalsekretär Přibyl neben dem kirchlichen Schulwesen und der Caritas die Pastoralarbeit in der Armee und in Gefängnissen sowie künftig die palliative Fürsorge.

Der letzte Themenkomplex betraf die Flüchtlingshilfe. „Es ist Aufgabe der Kirche, den Menschen, die auf der Flucht und in Not sind, zu helfen und die Stimme für diese zu erheben“, erklärte Joachim Unterländer. Notwendig seien aber auch die Schaffung von Wohnplätzen und die Unterstützung der Menschen in den Pfarreien, die in der Flüchtlingsbetreuung aktiv sind, ergänzte Generalvikar Fuchs. Den Missbrauch des Themas „Migration“ seitens tschechischer Politiker kritisierte Eva Vybíralová. Die nach Tschechien kommenden Flüchtlinge aus der Ukraine erwähnte Generalsekretär Přibyl und betonte den christlichen Aspekt der Nächstenliebe.

Im Anschluss wurden die bis zum 9. Mai zu besichtigenden Ausstellungen „Zeugen für die Menschlichkeit. Christlicher sudetendeutscher Widerstand von 1938 bis 1945“ und „Die Schaleks – eine mittel­europäische Familie“ eröffnet.