Bischof Voderholzer predigt bei Jahresschlussmesse im Regensburger Dom

Vertrauen wiedergewinnen

REGENSBURG (pdr/sm) – Um Gott noch einmal für das vergangene Jahr zu danken und den Segen für 2019 zu erbitten, sind am Silvesterabend viele Menschen zur Jahresabschlussmesse in den Regensburger Dom St. Peter gekommen. Gemeinsam mit Weihbischof Josef Graf und dem Domkapitel feierte Bischof Rudolf Voderholzer ein Pontifikalamt in der gefüllten Kathedrale. Auch hinter der Kirche liegt ein ereignisreiches Jahr, auf das Bischof Voderholzer in seiner Predigt blickte. Für die Zukunft der Kirche legte er richtungweisende Grundlagen dar. 

„Ohne Zweifel wird es die größte Herausforderung des kommenden Jahres und wohl noch darüber hinaus sein, das im Zusammenhang mit dem Missbrauchsskandal verlorengegangene Vertrauen wiederzugewinnen“, sagte Bischof Voderholzer: „Und zwar nicht um des persönlichen Ansehens oder des Ansehens der Kirche willen, sondern um der Botschaft willen, für die wir stehen.“

Handlungsbedarf bestehe insofern immer, als die menschliche Natur schwach und versuchbar sei. Das Thema werde nie sozusagen „ausgestanden“ sein, sondern Prävention sei und bleibe wichtig. „Hier wollen wir noch besser werden. Ich möchte die Präventionsmaßnahmen im Bistum Regensburg regelmäßig von extern evaluieren lassen“, sagte der Bischof.

„Verlorenes Vertrauen wieder zu erlangen, wird freilich auch nur dann gelingen, wenn wir bei aller gebotener Demut und den notwendigen Selbstbezichtigungen nicht vergessen, darauf hinzuweisen, dass die katholische Kirche die erste und bislang noch immer einzige Institution der Zivilgesellschaft in Deutschland ist, die sich dieses großen gesellschaftlichen Problems in ihren eigenen Reihen schonungslos stellt und an sich arbeitet. Kenner der Situation in Deutschland sagen: Nicht zuletzt aufgrund der Maßnahmen seit 2002 und verstärkt seit 2010 gibt es heute keinen sichereren Ort für Kinder in Deutschland als die Einrichtungen der katholischen Kirche“, so Bischof Rudolf weiter. Völlig kontraproduktiv sei das durchsichtige Vorhaben, den Missbrauch nun zu instrumentalisieren, um lange schon verfolgte kirchenpolitische Ziele jetzt durchzudrücken. Es sei doch nicht die katholische Sexualmoral gewesen, die zu den zu beklagenden Verbrechen geführt habe, sondern deren notorische Missachtung.

„Ich kann auch nicht verstehen, wie man in diesem Zusammenhang behaupten kann, der Missbrauch von Macht sei Bestandteil des Erbguts der Kirche“, merkte Bischof Rudolf kritisch an. „Tatsache ist, dass Auflehnung gegen Gott, Versuchbarkeit und Neigung zur Selbstverkrümmung zum Erbgut des Menschen in Adam und Eva gehören. Dies beinhaltet die oft belächelte, von vielen missverstandene, aber doch so wahre Lehre von der Erbsünde. Es scheint, dass sich ihre Wahrheit umso mehr manifestiert, als sie theoretisch geleugnet wird“, sagte der Bischof. Zu den Kennzeichen der Kirche aber gehöre die in der Taufe geschenkte Heiligkeit und die in der Gnade mögliche Haltung des selbstlosen Dienens: „Ihr wisst, […] dass die Mächtigen ihre Macht über die Menschen missbrauchen. Bei Euch soll es nicht so sein!“ (Mk 10,42f.)

Was die Kirche in Deutschland zur Erneuerung und damit zur Wiedergewinnung ihrer Glaubwürdigkeit dringend brauche, sei nicht in erster Linie „professionelle Verwaltung“. Wenn damit gemeint sein sollte, dass mit den irdischen Gütern gesetzeskonform umgegangen und klug gewirtschaftet werde, sei diese Forderung trivial. Zur Wiedergewinnung der Glaubwürdigkeit brauche es vielmehr stärkeren Glauben, Gehorsam gegenüber Gottes Wort und, allem voran, gelebte Heiligkeit. Die zu jeder Zeit erforderliche Erneuerung der Kirche sei nicht von einer Anpassung an zeitgeist-diktierte Vorstellungen oder durch Verbilligung der biblischen Botschaft zu erwarten. Ein Blick in die Geschichte der Kirche zeige eindeutig, dass wahre Erneuerung immer aus einem tieferen Gehorsam gegenüber der Botschaft des Evangeliums, aus einer tieferen Liebe zu Christus, aus einer verstärkten Bemühung um Katechese und Verkündigung sowie aus einer radikaleren Christus-Nachfolge erwachsen sei, resümierte der Bischof.