Das nicht sonderlich große, einstöckige Gebäude ist umgeben von einem Metallzaun, der zusätzlich mit Stacheldraht versehen wurde. Mehrere Peitschenlampen sorgen für Licht in der Dunkelheit der Nacht. Dahinter erhebt sich ein zweites Gebäude, etwas größer von den Ausmaßen her und oben mit einer metallenen Kuppel versehen. Flankiert werden die beiden Häuser von zwei Kirchen. Da ist im Norden die in den 1960er Jahren erbaute große Marienkathedrale, die auch Frauen betreten dürfen. Im Süden steht die alte Maria-Zion-Kirche aus dem 17. Jahrhundert. Hier ist der Zutritt nur Männern erlaubt.
Wichtigste Pilgerstelle
Die beiden Gebäude dazwischen sind Sperrgebiet. Sie sind abgeschirmt und der Öffentlichkeit nicht zugänglich. Denn hier soll sich, so jedenfalls der Glaube der äthiopischen Christen, das höchste Heiligtum, die Bundeslade mit den zehn göttlichen Geboten, befinden. Mitten in der Stadt Aksum, der wichtigsten Pilgerstätte in dem afrikanischen Land, die zugleich Sitz des äthiopischen Bischofs ist.
„Für Frauen ist die Klosterkirche verboten“ steht in gelber Schrift und unter anderem auf Englisch auf einem Schild, das an einem Baum angebracht wurde. Davor führt eine Brücke hinüber in den verbotenen Bereich. Hier halten sich nur Männer auf, darunter die Priester mit ihren gelben Gewändern, in der Hand die Gebetsstöcke, auf die man sich bei den stundenlangen Gottesdiensten der äthiopisch-orthodoxen Kirche stützt.
Niemand, der sie je gesehen hat
In welchem der beiden kleinen Gebäude auf diesem Kirchenareal sich die Lade befinden soll, wird von den Priestern ebenso beharrlich verschwiegen, wie auch die Existenz des Heiligtums eine eher virtuelle ist: Man darf sie nicht besichtigen und es ist auch niemand bekannt, der sie je gesehen hat. Es zählt also allein der Glaube an ihre Existenz – und der ist in der äthiopisch-orthodoxen Kirche unerschütterlich, heißt es.
Bewacht wird die Lade von einem Mönch, der dieses Amt Zeit seines Lebens ausübt. Dafür darf er das Gelände des Heiligen Hauses nicht mehr verlassen. Fühlt er sein Ende kommen, bestimmt er seinen Nachfolger, fordert die Überlieferung.
Tafeln, Stab und Manna
Die Bundeslade ist jene hölzerne Truhe, in der der Bibel zufolge die zwei Steintafeln mit den Zehn Geboten aufbewahrt wurden, die Moses von Gott auf dem Berg Sinai empfangen hat. Auch der Stab seines Bruders Aaron und die Speise Manna sollen dort hineingelegt worden sein. Nach der Überlieferung war die Bundeslade eine vergoldete Truhe aus Akazienholz, die für den Transport mit zwei Tragebalken versehen war.