Italien ist das erste Epizentrum der Corona-Krise in Europa. Wie lebt man dort mit Ausgangssperre und Kontaktverbot? Ein Augenzeugenbericht von Luise Thiede, die seit vier Jahren in Bologna wohnt:
„Bei jeder Person wurde Fieber gemessen. Total übertrieben!“, sagten meine Geschwister am Anfang der Krise, als sie mich in Bologna besuchen kamen und die Abfertigung am Flughafen etwas länger dauerte. Ich dachte dasselbe: Corona ist doch nur eine Grippe! Heute denke ich anders.
Zwei Tage, nachdem meine Geschwister angekommen waren, wurden die Schulen geschlossen. Trotzdem gingen wir noch in die Stadt und machten Ausflüge. Alles war wie immer – nur dass an den Apotheken Schilder hingen: „Hier gibt es keine Masken und kein Desinfektionsmittel mehr.“ In Ravenna bekamen wir ein paar Masken geschenkt – von einem Mann, dem wir halfen, sein Auto einzuparken. „Die werden Gold wert sein“, sagte er. Er sollte Recht behalten.
Die Lage spitzte sich zu
Dann spitzte sich die Lage zu. Die Infektionszahlen stiegen. Im Supermarkt war das reinste Chaos. Die Menschen hatten ihre Einkaufswagen voll mit Klopapier, Wasser, Nudeln. Die Konservenabteilung war wie leergefegt. „Denk einfach daran, du darfst jetzt für eine oder zwei Wochen nicht raus, denk daran, dass die Supermärkte schließen“, meinte mein Bruder und legte mir zehn Packungen Nudeln und zwei Großpackungen Toilettenpapier in den Einkaufswagen. Ich lachte.
Auf ungewisse Zeit...
Bald sollte mir das Lachen vergehen. Nach dem Rückflug meiner Geschwister schien alles wieder normal. Ich bekam sogar die Nachricht, dass meine Sprachschule wieder aufmachen würde. Zwei Tage später wurde alles widerrufen. Die Fälle stiegen weiter. Ab jetzt sollte ich den Unterricht online durchführen, die Kurse pausierten auf ungewisse Zeit.