15. Marsch für das Leben

Etwas Heiliges schützen

Zum „Saturday for Life“ begrüßte die Vorsitzende des Bundesverbands Lebensrecht (BVL), Alexandra Linder, Tausende Teilnehmer vom Baby bis zur Großmutter vor dem Reichstag. Der Marsch für das Leben war in diesem Jahr noch bunter und internationaler. 8000 Teilnehmer waren am Samstag aus ganz Deutschland nach Berlin gereist.  

Mit fünf katholischen Bischöfen setzten die kirchlichen Vertreter ein positives Signal. Diözesanbischof Rudolf Voderholzer aus Regensburg, Diözesanbischof Stefan Oster  aus Passau, Weihbischof Florian Wörner aus Augsburg sowie Diö­zesanbischof Wolfgang Ipolt aus Görlitz und Weihbischof Matthias Heinrich aus Berlin nahmen teil. Sie wiesen auf die hohen Abtreibungszahlen und die Notwendigkeit hin, für jedes Menschenleben einzutreten, und machten deutlich, dass sie das Engagement für das unbedingte Recht auf Leben als wichtigen Beitrag für die Gesellschaft begrüßen.

Bischof Voderholzer erinnerte an die Rede von Papst Benedikt XVI. vor acht Jahren im Deutschen Bundestag, als er unter anderem über die Ökologie sprach. Die Natur könne man nicht beliebig manipulieren. „Der Einsatz für das Klima, der Einsatz für die Umwelt ist wichtig, aber die Krone der Schöpfung ist der Mensch“, betonte Voderholzer. Dafür werde bei diesem Marsch auf die Straße gegangen. 

„Wir demonstrieren nicht gegen etwas, sondern für etwas“, sagte der Bischof, und: „Im menschlichen Geist erkennt der Mensch den Schöpfer.“ Es sei wunderbar, dass sich eine so große Anzahl von Menschen zu diesem Zweck versammle. „Das lautstarke Geschrei und die Obszönität des Protestes, der uns entgegenschlägt, ist ein untrüglicher Beweis dafür, dass wir etwas Wichtiges zu sagen, etwas Notwendiges zu vertreten, etwas Heiliges zu schützen haben“, erklärte Voderholzer, der zum fünften Mal teilnahm.  

Würdiges Lebensende

Bei der Kundgebung vor dem Reichstag sprachen engagierte Lebensschützer aus den verschiedensten Bereichen. Die Redner bezogen Position gegen jegliche Form der begleiteten Selbsttötung und Euthanasie und für ein würdiges Lebensende mit Hilfe von Hospizen und Palliativversorgung. Wie international die größte deutsche Pro-Life-Veranstaltung ist, wurde unter anderem im Beitrag von Leon­tine Baker­mans aus den Niederlanden deutlich.

Die Bedeutung der Mütter stellte Cornelia Kaminski, BVL-Vorstandsmitglied und Bundesvorsitzende der Organisation Aktion Lebensrecht für Alle (ALfA), in den Mittelpunkt. Symbolisch erhielten die Teilnehmer als Ausdruck der Dankbarkeit einen Rosenaufkleber mit der Aufschrift „Danke Mama!“. Mütter in schwierigen Lebenssitua­tionen und ihre Kinder waren ebenso ein besonderes Anliegen. Etwa von Maria Grundberger, die als Schwangerschaftsberaterin in der Schweiz arbeitet. 

Die Krankenschwester Antje Humpert berichtete in dieser Hinsicht von ihrer persönlichen Erfahrung bei der Frühgeburt ihres zweiten Kindes, bei dem eine Behinderung prognostiziert worden war. Die Künstlerin Katharina Otto begeisterte erstmals mit einem außergewöhnlichen Pro-Life-Poetry Slam über ein Kind mit Trisomie 21. 

Bischof Stefan Oster aus Passau, der sich zum ersten Mal am Marsch für das Leben beteiligte, sagte in seiner Rede, dass es von Anfang an eine menschliche Identität gebe. Niemand würde beim Herzeigen eines Ultraschallbildes eines Kindes von „menschlichem Gewebe“ oder „irgendetwas“ sprechen.  „Wir waren nicht irgendwann einmal ,etwas‘ und werden dann ,jemand‘, sondern wir sind von Anfang an ,jemand‘.“ 

Fast 300 Abbrüche am Tag

Der Passauer Oberhirte erläuterte, dass er beim Marsch mitläuft, weil ihm das Leben insgesamt, besonders auch das junge Leben, am Herzen liege. „Ich halte es als Christ für einen ungeheuerlichen Skandal, dass bei uns, in einem der reichsten Länder der Welt, im Jahr über 100 000 Abtreibungen durchgeführt werden. Das heißt, am Tag werden durchschnittlich knapp 300 ungeborene Kinder getötet. Das wären zehn ganze zukünftige Schulklassen – am Tag! Eine ungeheure Zahl“, fügte der Bischof an.

Die Jugend für das Leben berichtete von ihrem erfolgreichen Kongress am Wochenende in Berlin und von der diesjährigen Pro-Life-Tour, einer Wanderung durch drei Länder. Das Podium, moderiert von Linder und dem stellvertretenden Vorsitzenden des BVL, Hartmut Steeb, endete mit konkreten Forderungen an die Politik: vor allem sollte mit Steuergeldern nur solche Forschung gefördert werden, die dem Leben dient. Ferner wurde der Fortbestand des geltenden Embryonen-Schutz­gesetzes verlangt sowie die Ablehnung von ärztlich assistiertem Suizid. 

Der Demonstra­tionszug durch die Innenstadt zeigte eindrücklich, wie viele Menschen aus allen Bereichen der Gesellschaft friedlich dafür eintreten, dass die personale Würde jedes Menschen von der Zeugung bis zum Tod gewahrt und entsprechend politisch beachtet wird. Laut gesprochen wurde nicht, jeder konnte aber für sich leise beten oder seinen Gedanken nachhängen. „Das Gebet ist die stärkste Waffe, die wir haben“, sagten Jugendliche aus Augsburg. Die Teilnehmer begegneten Menschen, die sich einig waren in ihrem Engagement für den uneingeschränkten Schutz der Würde und des Lebensrechts ungeborener Kinder und bedrohten Lebens überhaupt – konfessions- und parteiübergreifend. 

Als sich der Marsch für das Leben auf die kurz vorher durch die Polizei festgelegte Route machte und von Beamten komplett abgeriegelt wurde, schaffte es eine Gruppe von 80 Gegendemonstranten, die Lebensschützer mit einer Sitzblockade eineinhalb Stunden aufzuhalten. Ihnen gewährte die Polizei das gesetzliche Versammlungsrecht. Erst nach fünfmaliger Warnung begann sie mit der Räumung und nahm die Persona­lien auf. 

Leben keine Sache

Beim Reichstag endete der Marsch mit einem ökumenischen Gottesdienst. „Wir sind hier, weil wir gemeinsam dafür Farbe bekennen wollen, dass das menschliche Leben nicht als eine Sache betrachtet werden darf, die man beherrschen kann“, predigte Weihbischof Florian Wörner. Geburt und Tod des Menschen dürften nicht als Dinge gesehen werden, die man besitzen oder ablehnen kann. 

Das menschliche Leben sei vielmehr heilig und unverfügbar. Es müsse in allen Phasen fremdem Zugriff entzogen sein: „vom ersten Moment im Mutterleib bis zum letzten Atemzug“, betonte er vor den Teilnehmern, die christliche Kirchen und Konfessionen breit abbildeten.

Wörner erinnerte, dass der Mensch kein Produkt des Zufalls und kein Ergebnis der Laune der Natur sei. „Wir haben es mit einem Gott zu tun, der uns unendlich liebt.“ Deshalb sei der Mensch nicht für das Grab bestimmt, sondern für den Himmel. Mit der Auferstehung habe Gott die Tür zum Himmel aufgemacht. „Er hat einen Plan mit einem jeden von uns.“ Provokant fragte der Weihbischof: „Wer sind wir, dass wir uns herausnehmen, in diesen Plan Gottes mit einem Menschen einzugreifen?“

„Der Marsch für das Leben kann nur mit dem Herzen gegangen werden“ sagte ein 38-jähriger Teilnehmer aus der Diözese Regensburg. Knapp 100 Regensburger Teilnehmer waren mit zwei Reisebussen gekommen, um „Gemeinsam Flagge zu zeigen und Farbe zu bekennen“. Ebenfalls mit zwei Bussen war die Augsburger „Jugend 2000“ beteiligt. Die Mitfahrenden in allen Bussen hatten sich bereits während der Fahrt durch Gebete und Lieder, aber auch durch inhaltliche Themen wie die Berliner Erklärung vorbereitet. 

Im Gebet unterstützt

Eine eindrucksvolle Aktion hatte auch der Familienbund im Bistum Augsburg gestartet: In verschiedenen Kirchen der gesamten Diözese hatte er eine Andacht vorbereitet, die anlässlich des Marsches in Berlin die Anliegen im Gebet unterstützte. 

Irmgard Hilmer

25.09.2019 - Deutschland , Ethik , Gesellschaft