Bericht zur Religionsfreiheit

Hass und Gewalt gegen Christen

Mindestens neun Gottesdienstbesucher tot, 16 weitere verletzt: Zwei islamistische Selbstmordattentäter stürmten eine methodistische Kirche in der Stadt Quetta in Pakistan. Es sind Nachrichten wie diese, die schmerzlich in Erinnerung rufen, dass es alles andere als selbstverständlich ist, den eigenen Glauben, die eigene Religion in Freiheit leben zu dürfen.

Wie sehr Hass und Gewalt gegen Christen, Verfolgung aus Gründen der Religion und systematische Missachtung der Religionsfreiheit in Teilen der Welt bitterer Alltag ist, führt der neue „Ökumenische Bericht zur Religionsfreiheit von Christen weltweit“ vor Augen. Er wurde kürzlich von der Auslandsbischöfin der Evangelischen Kirche in Deutschland, Petra Bosse-Huber, und dem Vorsitzenden der Kommission Weltkirche der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Ludwig Schick, in Berlin vorgestellt. 

Brandherd Naher Osten

Zwar legt sich der Bericht in einem fest: „In der Großregion Naher Osten und Nordafrika ist das Recht auf Religionsfreiheit heute im weltweiten Vergleich am stärksten bedroht.“ Doch wer sich Zahlen zur weltweiten Christenverfolgung erhofft, wird enttäuscht. Bosse-Huber wie auch Schick betonen, dass eine realistische zahlenmäßige Erfassung von Christenverfolgung kaum möglich sei. „Religiöse Verfolgung gibt es in der Regel nicht monokausal, sondern sie geht immer mit ethnischer, sozialer, wirtschaftlicher Diskriminierung einher“, erklärt Bosse-Huber.

Außerdem erweise sich eine quantitative Erfassung als wenig zielführend, betonte Schick. „Unser Ziel ist es, mit dem Bericht die Motive und die Wurzeln für Christenverfolgung offenzulegen, damit mit ihnen Christenverfolgung überwunden werden kann.“

Der Bericht benennt daher drei Grundmotive für die Einschränkung der Religionsfreiheit und zieht diese bei der Beurteilung der Lage in den einzelnen Ländern und Weltregionen heran. Erstens spricht der Bericht von einem Religionsabsolutismus, der aufgrund seines unbedingten Wahrheitsanspruchs keine andere Religion neben sich zulässt. Er verweist auf Länder wie Saudi-Arabien oder Iran, wo der Wahrheitsanspruch einer religiösen Richtung des Islam mit Staatsgewalt durchgesetzt wird, und von Ländern wie Syrien, Nigeria oder Somalia, wo der Islamische Staat, Boko Haram oder Al-Schabaab ihn mit Terror erzwingen wollen.

Als zweites Grundmotiv nennt der Bericht einen Nationalismus, der eine bestimmte Religion als Teil der eigenen nationalen Identität definiert und diese durch die Unterdrückung anderer Religionen zu erhalten vorgibt. So entwickle sich in Indien zunehmend ein Hindu-Nationalismus, der Christen und Muslime im Land bedränge. Das buddhistische Myanmar wiederum gehe gewaltsam gegen die muslimischen Rohingyas und die mehrheitlich christlichen Karen vor. 

Drittens sieht der Bericht in der Angst autoritärer Regierungen vor Religionen als Störfaktor ihrer Macht ein Grundmotiv für die Verletzungen der Religionsfreiheit und führt unter anderem Länder wie China, Vietnam, Nordkorea oder Weißrussland auf. Was die Situation der Religionsfreiheit in Europa betrifft, mahnt Schick: „Wir haben zwar das Recht, aber was es in der konkreten Situation und den konkreten gesellschaftlichen Bezügen bedeutet, muss immer neu diskutiert und austariert werden.“ 

Übertritt lebensgefährlich

Mit dem Thema „Umgang mit Konversion“ setzt der Bericht einen Schwerpunkt. „Das Recht, sich frei und selbstbestimmt für oder gegen einen Glauben entscheiden zu können, ist integraler Bestandteil des Menschenrechts auf Religionsfreiheit“, betonte Schick. Für Bosse-Huber bildet dieses Recht den „Lackmustest der Religionsfreiheit“. Denn in einigen muslimisch geprägten Ländern kann es lebensgefährlich werden, vom Islam zum Christentum zu konvertieren oder zum Glaubenswechsel einzuladen. 

Dass eine Religion wie der Islam zur Verfolgung anderer Religionen neigt, eine solche Verallgemeinerung lehnt Bosse-Huber schon aufgrund der genannten drei Grundmotive ab. „Wir haben diese Typologie nicht scharf religionsspezifisch, sondern wir haben sie mit all den dazugehörigen Fundamentalismen und Terrorismen in fast allen Religionen.“

Was deutsche Kirchengemeinden für die Religionsfreiheit zudem tun können, rät Schick gegenüber unserer Zeitung: „Wir sollten mit islamischen Gruppen, die es hier bei uns gibt, ins Gespräch kommen und fragen: ,Wie denkt ihr über Religionsfreiheit?‘ Vielleicht kann man sogar eine gemeinsame Erklärung gegen die Verfolgung von Christen und Andersgläubigen abgeben.“

Alfred Herrmann