Ab Juni 1723 ließ Sachsens Kurfürst August der Starke (1670 bis 1733) sein als „Grünes Gewölbe“ berühmt gewordenes Museum einrichten: im Westflügel des 1549 bis 1552 erbauten Dresdner Residenzschlosses. In den 300 Jahren seines Bestehens hat das älteste Schatzkammermuseum der Welt einige Veränderungen erlebt – und zahlreiche Schlagzeilen gemacht. Zuletzt durch den spektakulären Einbruch im November 2019.
Während der Sudetenkrise 1938 etwa wurde damit begonnen, Teile der Sammlungen und später auch der beweglichen Teile der Innenausstattung auszulagern. Der befürchtete Krieg blieb zwar aus – doch im Jahr darauf war der Frieden dahin. Beim verheerenden Bombenangriff auf Dresden im Februar 1945 gingen drei der Schatzkammerräume unter. Die anderen fünf blieben erhalten, doch ihre Wandvertäfelungen waren bis zum Ausbau 1962 der Witterung und Dieben ausgeliefert.
Als Beute abtransportiert
Nach Kriegsende ließ die sowjetische Trophäenkommission die Schätze des Grünen Gewölbes als Beute abtransportieren. Nach der Rückgabe 1958 waren ausgewählte Stücke im Ausstellungsgebäude „Albertinum“ zu sehen. Die Wiedereröffnung des Grünen Gewölbes im Residenzschloss ist keine 20 Jahre her. Die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden eröffneten 2004 im ersten Obergeschoss des Westflügels das „Neue Grüne Gewölbe“.
In den schnörkellos nüchternen Räumen steht das besondere Einzelstück im Blickpunkt – und das sind über 1000. Neben Kästchen, Schalen und Pokalen aus kostbaren Materialien treten die Helden der antiken Mythologie in Erscheinung. Eine attraktive Rolle spielen überdies sakrale Kabinettstücke in materiell wie handwerklich kostbarer Gestaltung.
Heilsgeschichte auf dem Kirschkern
Der „Raum der Kunststücke“ zeigt etwa die kleinformatige Goldschmiedearbeit „David mit dem Haupt des Goliath“ (um 1700/05). Davids Oberkörper besteht aus einer unregelmäßig gewachsenen Barockperle. Nicht weit entfernt offenbart ein zunächst unscheinbarer Kirschkern erst durch die Lupe betrachtet seine besonderen Qualitäten: Auf dem Kirschkern hat ein virtuoser Bildschnitzer um 1600 die biblische Heilsgeschichte in vier Szenen zusammengefasst. Zu sehen sind der Sündenfall, die Arche, die Aufrichtung der ehernen Schlange und die Kreuzigung Christi.
Neben Berühmtheiten wie dem von Augusts Hofjuwelier Johann Melchior Dinglinger geschaffenen vielteiligen „Goldenen Kaffeezeug“ (1697 bis 1701, überarbeitet 1725) ziehen immer wieder die frommen Kunststücke Aufmerksamkeit auf sich. Den von Jacob Zeller geschaffenen Elfenbeinpokal (1613) bekrönt der Kampf des heiligen Georg mit dem Drachen.