Viele kennen ihn durch seine Bücher, Fernsehauftritte und die Zeit als Wallfahrtsdirektor im mittelschwäbischen Maria Vesperbild: Den Apostolischen Protonotar Wilhelm Imkamp. Seit 2017 wirkt er als Direktor der Hofbibliothek des fürstlichen Hauses Thurn und Taxis in Regensburg. Der langjährige Autor unserer Zeitung ist zudem Konsultor der Kongregation für die Heilig- und Seligsprechungen und Mitglied der Päpstlichen Akademie in Rom. Wir befragten ihn zu zwei Großen der jüngeren Kirchengeschichte.
Herr Apostolischer Protonotar, für viele Freunde und Mitglieder der Schönstattbewegung sind die neuerdings gegen Pater Josef Kentenich erhobenen Vorwürfe so etwas wie ein Schlag ins Gesicht. Wie stichhaltig finden Sie die Anschuldigungen, nach denen in Quellen von Manipulation, ja Missbrauch an Schwestern die Rede ist?
Pater Kentenich ist ohne Zweifel eine der ganz großen, herausragenden und überaus erfolgreichen Gründergestalten des 20. Jahrhunderts. Unabhängig von den jetzt erhobenen Vorwürfen ist es aus feministischer Sicht schon ein Beweis für patriarchalische Strukturen, wenn ein Mann eine Lebensgemeinschaft für Frauen gründet. Feminismus, Me-too-Bewegung und LGTB- Pamphlete müssen zur Kenntnis genommen werden, sollten aber die Agenda solcher Untersuchungen nicht bestimmen, auch nicht terminologisch.
Die Vorwürfe beruhen auf Untersuchungsergebnissen des Jesuitenpaters Sebastian Tromp, der die Visitation durchführte. Wie lief so eine Visitation vor dem Zweiten Vatikanum ab?
Keiner drängt sich nach einer Visitation, weder die zu visitierenden, noch die Visitatoren. Auch für Pater Tromp SJ war die Visitation eine Unterbrechung seiner theologischen Arbeit. Ich habe Pater Tromp noch kennengelernt. Meistens samstags habe ich eine Vorlesung geschwänzt und ihn im vierten Stock der Gregoriana besucht. Tromp hatte einen ausgesprochen starken Humor. Seine große Belesenheit verbunden mit einer starken spekulativen Begabung ließen ihn häufig ungeduldig werden. Wenn er jemanden für dumm hielt, zeigte er das wohl auch häufiger. Tromp wurde zum Opfer einer kleinkarierten Theologie der Nachkonzilszeit, man ersparte sich die Auseinandersetzung mit seinem Werk und unterschlug zum Beispiel seine vierbändige, patristisch geprägte Ekklesiologie, deren letzter Band 1972 erschien, ein ganz großer Wurf.