Es ist sicherlich nicht das größte Problem, das die Kirche momentan hat, aber es wird die Menschen bewegen. Wenn am Palmsonntag die Gläubigen zum Gottesdienst gehen und erwarten, gesegnete Palmzweige für ihre Kreuze aus der Messe mitnehmen zu können, werden sie vielerorts mit leeren Händen dastehen.
Die Zeiten, in denen körbeweise Buchsbaumzweige, die traditionell zum Schmücken der Kreuze verwendet werden, in den Kirchen bereitstehen, gehen zu Ende. In zahlreichen Gemeinden ist in den Schaukästen und in den Pfarrnachrichten die Ankündigung zu lesen, dass die Gottesdienstbesucher ihre Palmzweige selber mitbringen müssen. Der Grund: Vielerorts sind die Buchsbaumpflanzen in den Gärten eingegangen, abgestorben und verbrannt worden.
Raupen-Invasion
Schuld daran ist die Globalisierung. Seit einigen Jahren breitet sich in Mitteleuropa der mit Pflanzen aus Asien eingeschleppte Buchsbaumzünsler invasionsmäßig aus. Buchsbaumpflanzen, die mit den Raupen dieses Kleinschmetterlings befallen sind, haben kaum eine Überlebenschance. Noch sind nicht alle Buchsbäume mit diesem Schädling befallen, doch Experten wie Gärtnermeister Rolf Stassen, der in Bergheim bei Köln seit 28 Jahren ein großes Gartencenter betreibt, sind sich sicher: „Der Buchsbaum wird über kurz oder lang aussterben. In unserer Region hat die Pflanze keine Zukunft.“
Immergrüne Alternativen
Und nun? Wird der Brauch, die heimischen Kreuze mit frischem Grün zu schmücken, verschwinden? Wird man von einem beliebten Ausdruck der Volksfrömmigkeit wohl oder übel Abschied nehmen müssen? Für den bekannten Brauchtumsforscher Professor Manfred Becker-Huberti könnte ein Rückgriff auf das Original eine mögliche Lösung sein: Beim Einzug Jesu in Jerusalem haben die Menschen Zweige der Palme getragen.
Becker-Huberti ist Realist genug, um zu wissen, dass nur die wenigsten Menschen in unseren Breiten Zugriff auf echte Palmzweige haben. „Entscheidend ist, dass der Pflanzenschmuck für das heimische Kreuz dauerhaft grün ist, denn dies ist die Farbe des Triumphes über den Tod“, betont der Wissenschaftler, der als mögliche Alternative zum Buchsbaum die immergrünen Zweige der Eibe ins Spiel bringt.
Beim Deutschen Liturgischen Institut in Trier, einer Einrichtung der Bischofskonferenz, die sich mit Fragen der Liturgie der katholischen Kirche in Deutschland und im deutschen Sprachgebiet beschäftigt, ist man in der Frage nach einem Ersatz für den Buchsbaum noch nicht zu einer Entscheidung gekommen.