Religiöse Publizistik

Mit Pfingsten kam das Ende

Die Ankündigung der Diözesen Fulda, Limburg und Mainz, ihre Bistumszeitungen bis 2023 einzustellen, lässt manchen an ein Ende der konfessionellen Publizistik denken. 1941, ausgerechnet an Pfingsten, war es schon einmal so weit: Alle kirchlichen Zeitschriften mussten auf Anordnung der Nazis ihr Erscheinen einstellen.

Die Nationalsozialisten hatten schon lange darauf hingearbeitet, alles auszuschalten, was nicht in ihr braunes Weltbild passte. Nach der „Machtergreifung“ 1933 wurde schnell der preiswerte Volksempfänger auf den Markt geworfen. Jeder „Volksgenosse“ konnte sich ein Radiogerät leisten – und die „Stimme des Führers“ in jeden Haushalt gesendet werden. Das Hören ausländischer Sender wurde zunehmend erschwert und unter Strafe gestellt.

Auch die kirchliche Presse unterlag der staatlichen Zensur. Missliebige Artikel mussten entfernt werden. Ständig drohte ein Verbot. Dass in der kirchlichen Presse keine Auseinandersetzung etwa mit der Rassen­ideologie der Nazis stattfand, ist deshalb nicht verwunderlich. Der Zensur entziehen konnten sich nur anonyme Flugschriften. Wer an ihnen mitarbeitete, stand mit einem Fuß im KZ. Der Mut jener Menschen ist bewundernswert. 

In den 1920er Jahren war die kirchliche Presse zunächst aufgeblüht. Zahlreiche neue Zeitschriften wurden ins Leben gerufen, um Botschaft und Lehre der Kirche unter einer wachsenden Zahl von Lesern zu verbreiten. In der Nazizeit war ihnen nur noch ein Schattendasein vergönnt. Die aktuelle Berichterstattung war eingeschränkt, der Nachrichtenwert gering. Die katholische Publizistik, gezwungenermaßen auf Kirche und Liturgie beschränkt, führte ein Nischendasein. 

Das völlige Verbot der kirchlichen Presse 1941 war nur eine logische Konsequenz. Ziel des Regimes war die weitere Schwächung der Kirche und ihres Einflusses. Offiziell begründet wurde das Verbot mit Papiermangel. Außerdem sollten dadurch Arbeitskräfte für andere Aufgaben frei werden.

Das Verbot trat zum Pfingstfest in Kraft – ausgerechnet zum „Geburtsfest“ der Kirche. Die Herabkunft des Heiligen Geistes befähigte die Jünger, die frohe Botschaft von Jesus Christus, dem Heiland und Erlöser, in alle Welt zu tragen. Im Deutschen Reich dagegen sollten die Jünger Jesu zum Schweigen gebracht werden. Mitglieder der SS wurden aufgefordert, aus der Kirche auszutreten. SS-Führer Heinrich Himmler, ein ehemaliger Minis­trant, gab entsprechende Weisungen.

So sehr die kirchliche Presse seit 1933 eingeschränkt war – bis Pfingsten 1941 erreichten wenigstens die religiösen Texte noch zahlreiche Leser. Nicht wenige schickten Artikel der Kirchenzeitung an Familienangehörige, die als Soldaten eingezogen worden waren. Nach dem Verbot kursierten noch Gedichte von christlichen Autoren wie Reinhold Schneider und Gebete von Hand zu Hand. In ihnen fanden viele Gläubige Trost und Ermutigung.

Nach 1945 konnte sich die kirchliche Presse langsam wieder erholen. In ihren Glanzzeiten gehörte eine Bistumszeitung in jeden katholischen Haushalt. Bistumsübergreifende konfessionelle Wochenzeitungen wie die Neue Bildpost erreichten Auflagen von mehreren Hunderttausend Exemplaren. Zu den namhaften Publikationen gehörte auch der Rheinische Merkur, der von einer Reihe von Diözesen und der Deutschen Bischofskonferenz getragen wurde. 

Sinkende Auflage

Während und in Folge des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962 bis 1965) waren kirchliche Veröffentlichungen sehr gefragt. Dann aber kam es bei den Auflagen zu Einbrüchen, die zu neuen Ideen zwangen – oder zur Einstellung: Der Rheinische Merkur beispielsweise gehört seit 2010 der Vergangenheit an.  Die Bistumszeitungen von Mainz, Fulda und Limburg, die in einem Verlag produziert werden, sollen nur noch bis 2023 erscheinen. 

Durch Internet und Smartphone sind auch die säkularen Printmedien massiv unter Druck. Wer überleben will, egal ob kirchlich oder weltlich, muss bereit sein zu neuen Kooperationen und technischen Herausforderungen. Mit Internet­auftritt und E-Paper nehmen beispielsweise Neue Bildpost und Katholische SonntagsZeitung diese Möglichkeiten wahr. 

Ludwig Gschwind/red