Beten verboten? Ja – mit wenigen Ausnahmen. In Eritrea herrscht offiziell zwar Religionsfreiheit, allerdings nur solange man sich an die strengen Spielregeln des Regimes hält. Das hat zu heftigem Streit zwischen der katholischen Kirche und der Regierung geführt.
Besucher, die in Eritreas Hauptstadt Asmara landen, staunen vor allem über die Bauten im Stil des Art déco, die die italienischen Kolonialherren am Horn von Afrika hinterließen. Asmara ist eine architektonische Zeitkapsel. Hinter den pompösen Kolonialfassaden herrscht jedoch eine andere Realität.
Wer es wagt, die Führung zu kritisieren oder die Frage nach politischem Wandel in den Raum stellt, wird mundtot gemacht. Folter, außergerichtliche Hinrichtungen und unbefristete Zwangsarbeit sollen zu den Machtmitteln von Präsident Isayas Afewerki gehören. Er regiert das Land seit Erlangung der Unabhängigkeit 1993 autokratisch.
Kürzlich sorgte das Regime für Schlagzeilen mit seiner Ankündigung, 22 Krankenhäuser im Besitz der katholischen Kirche zu beschlagnahmen. Weil sich die Verantwortlichen geweigert hätten, die Übergabeurkunde zu unterzeichnen, entsandte die Regierung die Armee, um die Kliniken zu räumen. Ärzte und Patienten wurden nach Hause geschickt. Die Einrichtungen bleiben vorübergehend geschlossen.
„Unvernünftig“ und „unangebracht“ nannten Eritreas Bischöfe den Vorstoß – zumal ihre Kliniken in ländlichen Regionen die einzige Versorgung für Schwangere, Kinder und Verletzte bieten. „Die Regierung hat das Recht, unsere Dienste abzulehnen. Aber die Einrichtungen an sich zu reißen, ist einfach falsch“, kritisiert Erzbischof Menghesteab Tesfamariam. In einem Rechtsstaat wäre dies unmöglich, sagen die Bischöfe. Pikantes Detail der geplanten Verstaatlichung: Einige der Kliniken befinden sich in Klöstern.
Unklar bleibt, welches Ziel die Regierung mit der Beschlagnahmung verfolgt. Beobachter vermuten jedoch die jüngste politische Mitsprache der katholischen Bischöfe als Beweggrund. Im April hatten die Kirchenführer in einem Hirtenbrief unter anderem zur Gründung einer Wahrheits- und Versöhnungskommission aufgerufen. Bei der Bildung einer Nation dürfe niemand „ignoriert, an den Rand gedrängt oder ausgelassen werden“.
Es war nicht das erste Mal, dass Geistliche das Regime in Asmara kritisierten. Im vergangenen Oktober beschrieb der eritreische Pfarrer Mussie Zerai, der für seine Arbeit mit Mittelmeer-Migranten bekannt wurde, in einem offenen Brief das Leben in einer „Diktatur, die alle Arten von Freiheit unterdrückt“: die Justiz niedergehalten, das Volk militarisiert und zu Sklaven gemacht.