"Den aktuellen Erkenntnissen anpassen"

Ärztekammer fordert Reform des Embryonenschutzgesetzes

Die Bundesärztekammerhat eine Reform des Embryonenschutzgesetzes (ESchG) gefordert. Dazu stellte der Wissenschaftliche Beirat der Ärztekammer in Berlin ein Memorandum zur Reproduktionsmedizin vor. Darin fordern die Ärzte, die sogenannte Dreierregel bei der künstlichen Befruchtung aufzuheben, die nichtkommerzielle Eizellspende zuzulassen und die Embryonenspende rechtlich zu regeln. Nach der bisher geltenden Dreieregel dürfen höchstens drei Embryonen pro Zyklus hergestellt werden, die auf die Frau zu übertragen sind.

BÄK-Präsident Klaus Reinhardt sagte, es sei "höchste Zeit das 30 Jahre alte Embryonenschutzgesetz an die aktuellen medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnisse anzupassen". Nur so ließen sich unnötige Belastungen von Menschen mit Kinderwunsch vermeiden und gesundheitliche Risiken für werdende Mütter und ihre Kinder minimieren.

Die rechtliche Regelung der Reproduktionsmedizin ist aufgrund der ethischen Fragen hoch umstritten. Das seit 1991 gültige ESchG regelt den Umgang mit menschlichen Embryonen und hat zum Ziel, das menschliche Leben von Anfang an zu schützen.

Reinhardt betonte, dass die Ärztekammer besonders mit Blick auf die politische Umsetzbarkeit eine "behutsame Reform" anstrebe. So soll die Reproduktionsmedizin "auch in Deutschland nach dem Stand der medizinischen Wissenschaft - aber durchaus in gewissen Grenzen und unter den bestehenden Qualitätsstandards" etabliert werden.

Das Memorandum spricht sich dafür aus, statt der bisherigen Dreierregelung mehrere Embryonen herzustellen, aus denen dann nur der entwicklungsfähigste auf die Frau übertragen werden soll. Der Leiter des BÄK-Arbeitskreises "Offene Fragen zur Reproduktionsmedizin", Jan-Steffen Krüssel, forderte, die Zahl der zu kultivierenden Embryonen nach medizinischen Kriterien gemeinsam mit dem Paar zu bestimmen. Um risikoreiche Mehrlingsschwangerschaften zu vermeiden, sollten höchstens zwei übertragen werden.

Der Mediziner sprach sich für eine Zulassung der Eizellspende in engen Grenzen und unter klar definierten Rahmenbedingungen aus. So könnten auch Risiken minimiert werden, die bei einer Eizellspende im Ausland entstehen könnten. Krüssel bezeichnete es zugleich als "schwer nachvollziehbar", dass die Eizellspende zwar verboten, die Embryonenspende aber rechtlich ungeregelt sei.

Bei der Embryonenspende spricht sich das Memorandum ebenfalls für ein Verbot der Kommerzialisierung aus. Zugleich fordert es, die Zuordnung und die rechtlichen Konsequenzen aus einer Spende zu regeln. Dazu gehört etwa die Abklärung der Rechtsfolgen wie Elternschaft, Unterhalt oder Erbschaft. In Deutschland ist eine nicht-kommerzielle Vermittlung von Embryonen, die während einer Kinderwunschbehandlung legal entstanden sind und die der Kinderwunschpatientin anschließend nicht eingesetzt werden konnten, nicht verboten.

Durch ein Register, analog dem Samenspendenregister, solle den aus der Spende hervorgehenden Kindern das Recht auf Kenntnis ihrer Abstammung garantiert werden. Von einer Reform des ESchG versprach sich Krüssel auch mehr Rechtssicherheit für Ärzte und Kinderwunschpaare. Auf die Frage der Leihmutterschaft geht das Memorandum nicht ein. Krüssel bezeichnete sie als "sehr schwierig". Persönlich habe er ihr gegenüber Bedenken.

KNA

03.09.2020 - Ethik , Lebensschutz , Medizin