Vor Abstimmung am Donnerstag

Allgemeine Corona-Impfpflicht für Erwachsene vorerst vom Tisch

In Deutschland wird es wohl absehbar keine allgemeine Corona-Impfpflicht ab 18 Jahren geben. Die Befürworter eines entsprechenden Gesetzentwurfes hatten am Montag in Berlin kurzfristig angekündigt, ihr Vorhaben zunächst zurückzustellen. Sie begründeten diesen Schritt mit den mangelnden Erfolgsaussichten bei der entscheidenden Abstimmung im Bundestag am Donnerstag. Nun soll es einen Kompromiss geben. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) begrüßte den neuen Vorschlag. Kritik kam von der CDU, der Diakonie und Patientenschützern.

Die bisherigen Befürworter einer Corona-Impfpflicht für alle Erwachsenen wollten am Donnerstag einen Änderungsantrag in den Bundestag einbringen, kündigte die stellvertretende Vorsitzende der SPD-Fraktion, Dagmar Schmidt, an. Darin vorgesehen seien eine Corona-Impfpflicht für alle ab 50 Jahren, die ab dem 30. September wirksam werden soll, sowie eine verpflichtende Impfberatung für alle Personen zwischen 18 und 49 Jahren und der Aufbau eines bundesweiten Impfregisters. Der Bundestag stimmt am Donnerstag über die Einführung einer Impfpflicht gegen Covid-19 ab. Bislang liegen fünf verschiedene Vorschläge vor.

Lauterbach sprach von einem "sehr guten Kompromiss". Er nehme das Wichtigste aus allen Anträgen zur Impfpflicht auf. "Zentral ist, dass wir damit die Älteren sofort schützen. Dazu können wir auf eine Verschlechterung der Pandemielage reagieren und schützen dann auch die Jüngeren", betonte Lauterbach. "Wer aber dagegen stimmt, riskiert erneut Lockdowns und Leid im Herbst."

Kritik an dem Vorschlag kam dagegen vom gesundheitspolitischen Sprecher der Unionsfraktion, Tino Sorge, und vom Unionsfraktionsvize Sepp Müller. Die Ampel mache die Impfung in den letzten Stunden vor der Abstimmung zum "Spielball des politischen Feilschens", sagte Sorge der "Welt" (Montag Online). Beide CDU-Politiker kündigten an, bei dem Vorschlag der eigenen Fraktion bleiben zu wollen.

Diakonie-Präsient Ulrich Lilie bedauerte den Verzicht auf eine allgemeine Impfpflicht ab 18 Jahren und nannte es "eine weitere verpasste Chance bei der Pandemiebekämpfung". Nun drohe im nächsten Herbst "erneut ein böser Kater" mit allen demokratiepolitischen, ökonomischen und sozialen Nebenwirkungen. "Eine Impfpflicht für alle Erwachsenen hätte zudem eine erneute Überlastung der durch Corona geschwächten sozialen und gesundheitlichen Infrastruktur verhindert", sagte Lilie.

Der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, äußerte sich ebenfalls skeptisch zu dem Kompromissvorschlag. "Ob mit diesen rechtlichen Maßnahmen und zusätzlichen Optionen für den Herbst jetzt tatsächlich eine Mehrheit im Bundestag erreicht werden kann, ist fraglich", sagte Brysch. Ebenso werde es schwierig sein, Impfskeptiker ins Boot zu holen. "Die Impfpflicht für über 30 Millionen Menschen hierzulande wird die vulnerablen Gruppen kaum schützen", sagte Brysch.

KNA

05.04.2022 - Corona , Deutschland , Impfung