Nach Benedikts korrigierter Aussage

Neue Kritik am früheren Papst

Die Debatte über die Äußerungen des emeritierten Papstes Benedikt XVI. geht weiter. Der Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer verteidigte Benedikt XVI. und erklärte, die Kirche und der frühere Papst würden zu Sündenböcken und Blitzableitern für ein gesamtgesellschaftliches Versagen gemacht. Im Vergleich zum Schulwesen oder dem Sport sei die Kirche "meilenweit voraus".

Voderholzer äußerte den Verdacht, dass das Thema Missbrauch instrumentalisiert werde, um die Kirche zu verändern. Die Empörung über den Missbrauch sei "das Feuer, auf dem die Suppe des Synodalen Wegs gekocht wird".

Für den Mainzer Bischof Peter Kohlgraf haben viele frühere Bischöfe ihre Vorbildfunktion eingebüßt. "Sie können nicht mehr meine Vorbilder sein", schreibt Kohlgraf am Montag in Mainz auch unter Verweis auch auf den 2017 gestorbenen Kölner Kardinal Joachim Meisner. "Es erschüttert durchaus meinen Glauben, wenn auch ich heute wegen des augenscheinlichen Versagens kirchlicher Amtsträger kritisiert werde. Aus dem Stolz, für Jesus Christus unterwegs zu sein, ist bei mir immer wieder auch Scham geworden und der Wunsch, die Erde möge sich unter mir auftun."

Der Trierer Bischof Stephan Ackermann zeigte sich erschüttert über die Vorwürfe gegen Benedikt XVI. "Dass hier auch einem ehemaligen Papst schwere Verfehlungen vorgeworfen werden, ist für viele Gläubige kaum mehr zu fassen und zu ertragen", sagte Ackermann.

Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) warf Benedikt XVI. eine "Salamitaktik" bei der Korrektur seiner Aussagen vor. "Es ist einfach nicht glücklich, dass er entgegen seiner anderslautenden schriftlichen Aussage lediglich etwas eingesteht, was nicht mehr zu verleugnen ist", sagte die Präsidentin des ZdK, Irme Stetter-Karp, den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Dienstag). Dies sei "noch immer kein Schuldeingeständnis". Der Forderung, Benedikt möge seinen päpstlichen Namen ablegen und sich wieder Ratzinger nennen, erteilte die ZdK-Präsidentin eine Absage. "Der Titel steht für mich nicht im Mittelpunkt. Mir ist es wichtiger, dass der emeritierte Papst Benedikt persönlich und moralisch Verantwortung übernimmt."

Auch der frühere Regensburger Theologieprofessor Wolfgang Beinert (88) hält eine Entschuldigung von Benedikt XVI. bei Missbrauchsbetroffenen für "unbedingt notwendig". Dem emeritierten Papst bleibe nur übrig zu sagen: "Ja, ich habe einen Fehler begangen und bereue ihn bitterlich", sagte Beinert. "Anschließend müsste er ein Zeichen setzen - so er das noch kann." Beinert war Assistent von Joseph Ratzinger in Tübingen und Regensburg. Er zählt zu dessen Schülerkreis.

Der Regensburger Theologe verwies darauf, dass es weitere "erschütternde" Aussagen in Benedikts Einlassungen gebe. So habe der emeritierte Papst sinngemäß bemerkt, dass damals Missbrauchsfälle nicht so ernst genommen worden seien. "Das geht nicht", kommentierte Beinert. "Denn in der Kirche waren sexuelle Vergehen immer eine schwere Sünde."

Benedikt XVI. hatte eine wesentliche Aussage zum Münchner Missbrauchsgutachten korrigiert. Demnach räumte er ein, doch an der Münchner Ordinariatssitzung am 15. Januar 1980 teilgenommen zu haben. Allerdings sei darin nicht über den Einsatz eines wegen Missbrauchstaten verurteilten Priesters entschieden worden.

KNA

25.01.2022 - Aufarbeitung , Missbrauch , Papst