"Nur in begründeten Einzelfällen"

Downsyndrom-Bluttest wird bei Risikoschwangerschaften Kassenleistung

Vorgeburtliche Bluttests auf das Downsyndrom sollen künftig bei Risikoschwangerschaften von den gesetzlichen Krankenkassen bezahlt werden. Das entschied der Gemeinsame Bundesausschusses (G-BA) von Ärzten, Kliniken und Kassen am Donnerstag in Berlin. Die Kosten sollten nur „in begründeten Einzelfällen bei Schwangerschaften mit besonderen Risiken“ durchgeführt werden, sagte der Vorsitzende des Gremiums, Josef Hecken. Ein flächendeckendes Screening soll es nicht geben.

Voraussetzung ist nach dem Beschluss eine vorherige intensive ärztliche Beratung; Frauen sollen dabei auch über die Tragweite des Tests informiert werden. Die Bluttests sollten die bislang schon medizinisch anerkannten invasiven Untersuchungen - Biopsie der Plazenta oder Fruchtwasseruntersuchung - und das damit verbundene Risiko einer Fehlgeburt vermeiden. Bei 5 bis 10 von 1.000 untersuchten Frauen hatte es Fehlgeburten gegeben.

Das Bundesgesundheitsministerium muss der Regelung noch zustimmen. Sie wird vermutlich erst 2021 in Kraft treten - bis dahin müssen noch Informationen für die Versicherten formuliert werden. Bei den seit 2012 in Deutschland angebotenen nicht-invasiven Pränataltests (NIPT) werden Erbgutschnipsel des Kindes aus dem Blut der Schwangeren isoliert und auf Gendefekte untersucht. Bislang müssen Schwangere den Test selber bezahlen.

Der Gemeinsame Bundesausschuss hat drei Jahre über die Tests beraten. Hecken hat dabei mehrfach unterstrichen, dass es nicht Aufgabe des Gremiums sei, das Verfahren ethisch zu bewerten; es habe allein den Auftrag, das Verfahren wissenschaftlich-technisch und ökonomisch zu überprüfen. Der Bundestag hatte im Frühjahr über die ethischen Folgen der Bluttests debattiert.

In einem eigenen Brief an mehrere Bundestagsabgeordnete begründete Hecken am Donnerstag die Entscheidung. „Es erscheint nicht begründbar, den betroffenen Schwangeren dieses risikoärmere Testverfahren vorzuenthalten; die Tests sind in Deutschland zugelassen und verfügbar“, schreibt er. Zugleich betont er aber, dass durch die Tests „ethische Grundfragen unserer Gesellschaft berührt sind“, die unter Umständen „einer gesetzgeberischen Antwort bedürfen“.

Leider habe der Bundestag aber keine Entscheidungen dazu getroffen, fügte Hecken hinzu. Der Gesetzgeber könne aber jederzeit Richtlinienbeschlüsse des G-BA durch Gesetze aufheben oder ändern. Außerdem trete die jetzt getroffene Regelung erst Ende des kommenden Jahres in Kraft. Bis dahin könne das Parlament noch eingreifen.

Experten erwarten, dass künftig Bluttests auf zahlreiche weitere Krankheitsrisiken angeboten werden. Befürworter verweisen auf die hohe Zuverlässigkeit der Tests und das geringere Risiko auf Fehlgeburten. Kritiker wie die katholische Kirche und zahlreiche Bundestagsabgeordnete aller Fraktionen warnen davor, dass eine beständige Ausweitung der nicht-invasiven Pränataldiagnostik (NIPD) zu einer zunehmenden Diskriminierung von Menschen mit Behinderung führen könnte. Da Trisomien nicht geheilt werden können, habe der Test keinerlei therapeutische Bedeutung, sondern führe häufig zu Abtreibungen.

KNA

19.09.2019 - Gesellschaft , Lebensschutz , Medizin