Bündnis fordert:

Trisomie-Bluttest als Kassenleistung verhindern

Ein Bündnis von Behinderten-Organisationen wendet sich gegen die beschlossene Anerkennung von vorgeburtlichen Trisomie-Bluttests als Leistung der gesetzlichen Krankenkassen. In einem offenen Brief an den Gemeinsamen Bundesausschuss von Ärzten, Kliniken und Kassen fordern die Organisationen, das kurz vor dem Abschluss stehende Verfahren noch zu stoppen.

"Entscheidende Widersprüche" bei der Anwendung der Tests sowie die damit verbundenen ethischen und gesellschaftspolitischen Fragen seien nicht angemessen diskutiert worden, heißt es in dem  Brief. Träger der Initiative ist der Kölner Verein "mittendrin", Mitunterzeichner sind unter anderen die Diakonie Württemberg und die Bundesvereinigung Lebenshilfe.

Das Bündnis kritisierte, die pränatalen Bluttests könnten bei einer Kassenanerkennung zu einer Standarduntersuchung für nahezu alle Schwangeren werden. Dies widerspreche der vereinbarten Beschränkung auf sogenannte Risikoschwangerschaften.

Auch seien die zentral erarbeiteten Informationstexte, auf deren Basis sich Schwangere für oder gegen einen Test entscheiden sollen, nicht neutral formuliert, betonte das Bündnis. Vielmehr lese sich die Versicherteninformation wie eine Werbung für den Test. Auch werde das Ziel nicht erreicht, die Zahl von invasiven Fruchtwasseruntersuchungen zu verringern.

Zudem bemängeln die Kritiker, die Tests seien nicht zuverlässig, weil es zu einer hohen Anzahl falsch-positiver Testergebnisse komme. Statt der Kassenzulassung sei eine umfassende Bundestagsdebatte über die pränatalen Tests nötig, so die Forderung der Organisationen.

Der für eine Aufnahme als Kassenleistung zuständige Gemeinsame Bundesausschuss hatte bereits im September 2019 grünes Licht für die vorgeburtlichen Tests auf Downsyndrom und weitere Trisomien gegeben. Die Tests sollten aber nur "in begründeten Einzelfällen bei Schwangerschaften mit besonderen Risiken" durchgeführt werden, hieß es. Voraussetzung für eine Kostenübernahme sei demnach auch eine vorherige intensive ärztliche Beratung.

Die endgültige Aufnahme als Kassenleistung hatte sich noch verzögert. Unter anderem mussten noch einheitliche Versicherteninformationen zu den Tests formuliert werden. Laut den Kritikern des Tests liegen nun alle formalen Voraussetzungen für eine endgültige Zulassung vor.

Bei den seit 2012 in Deutschland angebotenen, nicht-invasiven Pränataltests (NIPT) werden Erbgutbestandteile des Kindes aus dem Blut der Schwangeren isoliert und auf Gendefekte untersucht. Experten erwarten, dass künftig Bluttests auf zahlreiche weitere Krankheitsrisiken angeboten werden.

Befürworter bezeichnen die Tests als sehr zuverlässig und betonen, sie könnten an die Stelle von invasiven Methoden treten, die oft mit einem gewissen Risiko auf Fehlgeburten verbunden sind.

Kritiker wie die katholische Kirche und Behinderten-Organisationen warnen, eine Ausweitung der nicht-invasiven Pränataldiagnostik (NIPD) führe zu einer zunehmenden Diskriminierung von Menschen mit Behinderung. Da Trisomien nicht geheilt werden können, habe der Test keinerlei therapeutische Bedeutung, sondern führe sehr häufig zu Schwangerschaftsabbrüchen.

KNA

10.02.2021 - Gesellschaft , Lebensschutz , Medizin