Bundesverdienstkreuz

Bundespräsident hält trotz Kritik an Auszeichnung für Marx fest

Betroffene sexuellen Missbrauchs pochen darauf, die für Freitag geplante Verleihung des Bundesverdienstkreuzes an den Münchner Kardinal Reinhard Marx auszusetzen. Der Betroffenenbeirat des Erzbistums Köln betont in einem am Montag veröffentlichten zweiten Offenen Brief an Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, die Verleihung an Marx dürfe nur erfolgen, "wenn eindeutig nachgewiesen ist, dass er sich keiner Vertuschung schuldig gemacht und keine Aufklärung ver- oder behindert hat".

Bereits am Wochenende hatte der Rat seine Forderungen in einem ersten Offenen Brief publik gemacht. Marx stehe nach wie vor in der Kritik, "Fällen sexualisierter Gewalt in seinem früheren Bistum Trier nicht konsequent nachgegangen zu sein". Zudem wirft der Rat Marx vor, ein Gutachten zu Fällen sexualisierter Gewalt im Erzbistum München und Freising seit 2010 unter Verschluss zu halten. Unterzeichnet ist das Schreiben von Peter Bringmann-Henselder. Es wird aber nach seinen Angaben von den übrigen drei Mitgliedern des Rats inhaltlich geteilt.

Das Bundespräsidialamt hält an der Verleihung fest. Marx habe sich als Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz von 2014 bis 2020 besonders für Gerechtigkeit und Solidarität in der Gesellschaft engagiert, sagte eine Sprecherin am Sonntag der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA): "Er hat sich für die Aufnahme von Geflüchteten eingesetzt, ist Populismus und Hetze entgegengetreten und hat zur Hilfe für Bedürftige in Deutschland und der Welt aufgerufen - unabhängig von Herkunft und Religion."

Weiter erklärte das Bundespräsidialamt, Steinmeier habe seine Erwartungen zur Aufklärung des massenhaften sexuellen Missbrauchs von Kindern und Jugendlichen in der katholischen Kirche Anfang April bei der Verleihung des Bundesverdienstkreuzes an den Betroffenenvertreter Matthias Katsch und den Jesuitenpater Klaus Mertes klar formuliert.

Zu dem Offenen Brief gab der Sprecher von Kardinal Marx auf KNA-Anfrage keinen Kommentar ab. Bringmann-Henselder verwies darauf, dass er selber Träger des Bundesverdienstkreuzes ist. Er werde diesen Orden zurückgeben, sollte es zur Verleihung an Marx kommen.

Der Betroffenenbeirat im Erzbistum Köln bestand ursprünglich aus neun Mitgliedern. Mehrere Mitglieder haben das Gremium inzwischen verlassen, darunter die früheren Sprecher Patrick Bauer und Karl Haucke. Sie kündigten im Konflikt um das nicht veröffentlichte Missbrauchsgutachten der Münchner Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl die Mitgliedschaft auf. Mitte März wurde das zweite Gutachten des Kölner Strafrechtlers Björn Gercke präsentiert.

KNA

27.04.2021 - Ehrung , Kardinäle , Missbrauch