Kriege, Klimawandel, Corona

Caritas international sieht nie dagewesene globale Hungerkrise

Das Zusammentreffen von Kriegen, Klimawandel und Covid-Pandemie führt nach der Analyse von Caritas international zu globalen Armuts- und Hungerkrisen nie gesehenen Ausmaßes. "Weltweit sind 811 Millionen Menschen unterernährt und hungern - so viele wie nie zuvor", sagte der Leiter von Caritas international, Oliver Müller.

Der Krieg in der Ukraine und dadurch ausbleibende Getreidelieferungen seien dabei nur ein Faktor. "Vor allem die dramatischen Ernteausfälle infolge des Klimawandels sowie die steigende Zahl regionaler Konflikte und Kriege haben die extremen Notsituationen beschleunigt." Vielerorts explodierten die Preise für Grundnahrungsmittel, sodass immer mehr Menschen sie nicht mehr bezahlen könnten.

Müller rief zur Stärkung von lokaler Versorgung, regionalen Märkten und vor allem von Kleinbauern auf. "Nur so werden wir dem Hunger weltweit begegnen können. Wir haben nicht zu wenig Nahrung weltweit, sondern ein Verteilungsproblem." Derzeit bewege sich aber viel zu wenig in diese Richtung, kritisierte er.

Caritaspräsidentin Eva Maria Welskop-Deffaa sagte, die verschiedenen Krisen und Katastrophen verstärkten sich wechselseitig. "Hunger und Armut, Klimakatastrophe und bewaffnete Konflikte - wohin wir blicken, verschärfen sich die Notlagen weltweit", sagte die Caritaspräsidentin. "Die Folgen des Klimawandels führen an immer mehr Orten zu apokalyptischen Ausmaßen. Wir dürfen nicht zulassen, dass immer weiter jeden Tag Tausende Kinder verhungern."

Laut dem am Mittwoch vorgestellten Jahresbericht der Hilfsorganisation unterstützte Caritas international im vergangenen Jahr so viele Menschen wie nie zuvor. So wurden 2021 in 77 Staaten Hilfsprojekte für 6 Millionen Menschen organisiert. Dafür wurden 96,2 Millionen Euro aufgewandt. 2020 lag der Etat bei 82,7 Millionen Euro.

Auch der Eingang von Spenden und staatlicher Projektförderung stieg auf einen Rekordwert: von 95,2 Millionen Euro 2020 auf 147 Millionen Euro 2021. Etwa 50 Millionen Euro entfielen dabei auf Spenden für die Betroffenen der Flutkatastrophe vor einem Jahr an der Ahr und in Nordrhein-Westfalen. Dort seien vielfältige Caritas-Hilfen geleistet worden, sagte Welskop-Deffaa. "Und wir werden auch in den kommenden Jahren kontinuierlich weiter an der Seite der Betroffenen stehen."

Zuletzt habe Caritas international an lokale Caritasorganisationen der betroffenen Regionen beispielsweise 20 Millionen Euro für Wiederaufbau und Sozialraumprojekte bereitgestellt. Weitere 8 Millionen Euro Fluthilfen seien für 2023 und 2024 eingeplant. Wichtig sei dabei, die oft überbordende Bürokratie der Hilfe zu überwinden. "Wir sind dazu im Dialog mit dem Staat. Leider wird es zur Enttäuschung vieler Betroffener keine schnellen und einfachen Pauschallösungen geben können. Auch weil Bürokratie und Rechtsstaatlichkeit zwei Seiten der gleichen Medaille sind", bedauerte Welskop-Deffaa.

Laut Bericht setzte Caritas international etwa 80 Prozent seiner Spenden und Drittmittel für Hilfen nach Naturkatastrophen und Kriegen ein. 20 Prozent flossen demnach in Projekte für Kinder sowie für Alte, Kranke und Behinderte. Die Aufwendungen für Werbe- und Verwaltungskosten beziffert der Bericht auf 8,9 Prozent des Etats.

Die Hilfsorganisation appellierte an die Spender, im Schatten von Ukrainekrieg oder Afghanistanhilfen auch die medial wenig beleuchteten Krisen und Katastrophen im Blick zu behalten. "Glücklicherweise zeichnet sich aber auch für das erste Halbjahr 2022 ab, dass wir weiter eine hohe Spendenbereitschaft für diese vergessenen Krisen wie die Hungerkrisen in Ostafrika haben", sagte Müller.

KNA

14.07.2022 - Armut , Hilfswerke , Klimawandel