Aufruf zu mehr Engagement

Demokratie-Papier der Kirchen stößt auf positives Echo

Mehr als zehn Jahre nach ihrem letzten „Gemeinsamen Wort“ zur Demokratie haben die beiden großen Kirchen in Deutschland erneut eine Grundsatzerklärung zu dem Thema vorgelegt. In dem Papier, das am Donnerstag in Berlin präsentiert wurde, rufen die beiden Kirchen zu mehr Engagement für die Demokratie auf. „Wir leben in Zeiten, in denen es an Vertrauen mangelt“, erklärte der Sozialbischof der Deutschen Bischofskonferenz, Franz-Josef Overbeck. Davon seien neben der Politik auch die Kirchen betroffen. Bei Vertretern von CDU, Grünen und Linken stieß das Papier auf überwiegend positives Echo.

Die Stellungnahme trägt den Titel „Vertrauen in die Demokratie stärken“. Overbeck war vonseiten der Bischofskonferenz maßgeblich beteiligt. Beim Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) lag die Federführung bei dem Münchner Theologen Reiner Anselm, dem Vorsitzenden der Kammer für Öffentliche Verantwortung der EKD.

„Autoritäres Denken, so scheint es, ist auf dem Vormarsch“, heißt es in der Stellungnahme. Angesichts dieser und weiterer Herausforderungen halten es die Autoren für dringend geboten, die demokratische Ordnung weiterzuentwickeln und zukunftsfest zu machen. Dabei sei jeder Einzelne gefragt: „Es gilt, sich für das Gelingen der Demokratie verantwortlich zu fühlen und sich für die Einhaltung der Regeln des Anstands und der Fairness einzusetzen.“

Weiter werben die beiden großen Kirchen um Vertrauen in demokratische Institutionen, Abläufe und Prozesse sowie in Menschen, „die in der Demokratie Verantwortung übernehmen und Macht ausüben“. Auf politischer Ebene brauche es eine „selbstbewusste und konsequente Politik“, um etwa die Folgen von Globalisierung und Digitalisierung zu meistern. Beispielhaft verweisen die Autoren auf „Regeln gerechter Besteuerung“ für internationale Großkonzerne. Hier brauche es das Zusammengehen mit anderen Staaten - ein Vorbild dafür liefere die EU.

Politiker verschiedener Fraktionen begrüßten das Papier. Der Unionsabgeordnete Heribert Hirte (CDU) betonte, das „Gemeinsame Wort“ schreibe der Politik die richtigen Aufgaben ins Stammbuch. Er sprach von einem kritischen Einwurf zur richtigen Zeit.

CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak betonte, dass nach seiner Erfahrung Menschen, die sich in ihrer Jugend in der Kirche engagierten, sich später oft auch parteipolitisch engagierten. Er beobachte deshalb mit Sorge, dass die Bindungskräfte sowohl der Kirchen als auch der Parteien schwänden. Viele Menschen fühlten sich heute zurückgelassen und schlössen sich deshalb „als Surrogat“ radikalen Gruppen an.

Die religionspolitische Sprecherin der Linken, Christine Buchholz, sagte, sie begrüße es, dass die Kirchen die soziale Ungleichheit in Deutschland kritisierten und die Demokratie ausdrücklich gegen die Angriffe von rechts verteidigten.

Der Bundesgeschäftsführer der Grünen, Michael Kellner, würdigte das Papier ebenfalls. Er bedauere allerdings, dass dort die friedliche Revolution keine Beachtung finde. Damit fehle eine ostdeutsche Perspektive, sagte Kellner, der aus Thüringen kommt.

KNA

12.04.2019 - Deutschland , Ökumene , Politik