Finanzprozess im Vatikan

Beweise müssen nachgeliefert werden

Im Strafprozess um den vatikanischen Finanzskandal rund um Kardinal Giovanni Angelo Becciu muss die Strafverfolgung strittige Beweise doch zur Verfügung stellen. Die Richter entschieden am Mittwoch, dass bis zum 3. November Video- und Tonaufnahmen der Befragungen des Hauptzeugen Alberto Perlasca sowie Abhöraufnahmen in den Prozess eingebracht werden müssten. Entweder sollten die Strafverfolger Kopien anfertigen oder der Verteidigung Einsicht geben. Auch müsse die Strafverfolgung erklären, wie die Befragungen abgelaufen seien. Am 17. November soll der Prozess fortgesetzt werden.

Die Strafverfolgung hatte zum Prozessauftakt Ende Juli die Herausgabe der Video- und Audioaufnahmen zunächst zugesagt. Daraufhin war der Prozess auf Oktober vertagt worden. Die von Richter Giuseppe Pignatone angegebene Frist, die Materialien bis Mitte August einzureichen, ließ Strafverfolger Alessandro Diddi jedoch verstreichen. Begründung: Schutz der Persönlichkeitsrechte der an den Aufnahmen Beteiligten.

Beim zweiten Prozesstag am Dienstag hatten die Verteidiger erneut eine sofortige Herausgabe der Beweismaterialien gefordert. Andernfalls könne der Prozess nicht fortgesetzt werden. Sie stellten darüber hinaus infrage, ob eine wohl ohne Anwälte durchgeführte Befragung Perlascas rechtens gewesen sei.

Diddi hatte indes sein Vorgehen verteidigt und entschuldigt. Die Audio- und Videoaufnahmen seien zu umfangreich und Elemente müssten herausgenommen werden, um die Beteiligten zu schützen. Außerdem gebe es eine Abschrift, die bereits Teil der Prozessakte sei.

Die zehn Angeklagten sollen allesamt an dubiosen sowie äußerst verlustreichen Investitionen in eine Londoner Luxusimmobilie beteiligt gewesen sein. Mit Becciu sitzt zudem - infolge einer Rechtsanpassung durch Papst Franziskus - erstmals ein Kardinal auf der Anklagebank.

Weitere Angeklagte sind unter anderem Beccius Sekretär Mauro Carlino, die Finanzmanager Gianluigi Torzi und Raffaele Mincione sowie die Sicherheitsberaterin Cecilia Marogna. Die Vorwürfe reichen von Amtsmissbrauch, Veruntreuung und Geldwäsche bis hin zu Betrug und Erpressung.

Der Hauptzeuge Perlasca war viele Jahre Verwaltungsleiter der ersten Abteilung im Staatssekretariat. Er schloss im Auftrag Beccius und seines Nachfolgers Erzbischof Edgar Pena Parra erste Verträge mit den angeklagten Finanzmanagern Mincione und Torzi. Mittlerweile lebt er wieder in seinem Heimatbistum Como.

KNA

07.10.2021 - Finanzen , Recht & Gesetz , Vatikan