Auf Sozialhilfe angewiesen

Jeder dritte Pflegeheimbewohner braucht Geld vom Staat

Mehr als jeder dritte (36 Prozent) Pflegebedürftige in Pflegeheimen in Deutschland ist auf Sozialhilfe angewiesen. Das geht aus Zahlen des Statistischen Bundesamts hervor, die die Linksfraktion im Bundestag erfragt hat.

Bundesweit gibt es nach Angaben des Statistischen Bundesamts 876.867 Plätze für pflegebedürftige Menschen in Pflegeheimen. 318.580 von ihnen werden von Menschen benötigt, die ihren Platz nicht aus eigener Kraft bezahlen können. Sie benötigen Sozialhilfe vom Staat, um ihren Eigenanteil bezahlen zu können. Die Pflegeversicherung war 1995 auch deshalb eingeführt worden, weil immer mehr Menschen sich eine Unterbringung in Heimen nicht mehr leisten konnten und deshalb auf Sozialhilfe angewiesen waren.

Die Lage in den Bundesländern ist nach Angaben der Statistiker sehr unterschiedlich. Demnach ist die Lage für Pflegebedürftige in Hamburg, Bremen und Nordrhein-Westfalen am angespanntesten. Jeder zweite Pflegeheimbewohner benötigt demnach dort Sozialhilfe.

Die finanzielle Belastung Pflegebedürftiger ist in Deutschland zuletzt stark gestiegen. Im Vergleich zu Anfang 2018 mussten Bewohner von Pflegeheimen im Juli 2020 in allen Bundesländern teilweise deutlich höhere Eigenanteile für ihre Unterbringung und Versorgung zahlen.

Am Freitag hatte der Verband der Ersatzkassen mitgeteilt, dass Pflegebedürftige bundesweit im Schnitt mehr als 2.000 Euro im Monat - zusätzlich zur Pflegeversicherung - zuzahlen müssen. Mit Stand 1. Juli wurden demnach durchschnittlich 2.015 Euro fällig, wovon 786 Euro auf den sogenannten Eigenanteil, 774 Euro auf Unterkunft und Verpflegung sowie 455 Euro auf Investitionskosten entfielen.

Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch äußerte sich besorgt: "Die steigenden Pflegekosten werden für immer mehr Bürger zur Armutsfalle. Die Bundesregierung muss endlich handeln." Bartsch forderte Reformen von Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU). Zunächst müssten die Eigenanteile in den Pflegeheimen kurzfristig gesenkt werden. "Mittelfristig brauchen wir eine Pflegevollversicherung, in die alle einzahlen", forderte der Linken-Politiker.

Auch die Deutsche Stiftung Patientenschutz forderte Spahn zum Handeln auf. "Während die Zuschüsse aus der Pflegekasse konstant geblieben sind, sind die Eigenanteile für die Pflege in den letzten Jahren gerade in den östlichen Bundesländern explodiert", sagte Vorstand Eugen Brysch. Der Gesundheitsminister müsse jetzt ein generationsgerechtes Zukunftskonzept zur Pflege vorlegen. "Das hat er schon zweimal versprochen. Es wird Zeit, dass Jens Spahn den Worten auch Taten folgen lässt."

KNA

05.08.2020 - Armut , Pflege , Politik