Ruf nach Anstand

Zentralratspräsident Schuster: Mehr Aggression durch Corona

Die Pandemie hat die Gesellschaft verrohen lassen - dieser Meinung ist der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster. "Aggression und Hetze haben zugenommen, ganz massiv durch Menschen, die sich ausgerechnet als Querdenker bezeichnen", sagte Schuster in einem Interview. Die "immer stärker verbreitete Herabsetzung von Menschen" treffe vor allem Minderheiten: "Juden, Muslime, homosexuelle oder behinderte Menschen, häufig aber auch Frauen." Hass schlage zudem oft "Polizisten, Feuerwehrleuten oder Rettungssanitätern entgegen - ausgerechnet jenen Menschen, die für unsere Sicherheit und Gesundheit den Kopf hinhalten".

Schuster mahnte: "Nachdenken wäre besser als Querdenken." Der Zentralratspräsident forderte: "'Was dir selbst zuwider ist, das tue deinem Nächsten nicht an' - an diese Regel sollten sich alle wieder erinnern." Und weiter: "Für die nahe Zukunft wünsche ich mir etwas, was im ersten Moment altmodisch klingt: Respekt und Anstand."

Auch nach Ansicht der Sprecherin des Jüdischen Forums der CDU, Karin Prien, ist der Antisemitismus in Deutschland noch zu weit verbreitet. Zivilgesellschaft und Politik bezögen zwar klarer Stellung als je zuvor, sagte die schleswig-holsteinische Kultusministerin im Deutschlandfunk. Dennoch gebe es keine Normalität, solange Juden Angst haben müssten, sich zu ihrem Glauben zu bekennen.

Prien, die Mitglied im sogenannten Zukunftsteam von CDU-Kanzlerkandidat Armin Laschet ist, beklagte außerdem einen zunehmend aggressiven Stil in der öffentlichen Auseinandersetzung und mangelnden Respekt vor anderen Meinungen. Auch sie nannte als Beispiel "Querdenker", die mit dem Judenstern herumliefen und die aktuelle Lage in der Corona-Pandemie mit der Nazizeit verglichen.

KNA

15.09.2021 - Corona , Gesellschaft , Judentum