Keine Impfpflicht-Einführung

Verbände reagieren enttäuscht - Patientenschützer zufrieden

In Deutschland wird es auch weiterhin keine Impfpflicht für ältere Menschen geben. Am Donnerstag erreichte der entsprechende Gesetzentwurf in einer namentlichen Abstimmung im Bundestag keine Mehrheit. Viele Hilfsverbände kritisierten die Entscheidung.

Diakonie-Präsident Ulrich Lilie bedauerte die Entscheidung, keine Impfpflicht einzuführen. "Nach der quälend langen politischen Diskussion konnte sich der Deutsche Bundestag nicht einmal zu der Minimallösung einer Impfpflicht ab 60 Jahren durchringen", so Lilie. Damit sei eine große Chance verpasst worden, "die Pandemie endlich dauerhaft in den Griff zu bekommen und allen Menschen ihre vollen Freiheits- und Teilhaberechte zurückzugeben". Auch die Caritas äußerte Zweifel daran, wie der Schutz der Älteren und Vorerkrankten nun gewährleistet werden könne. Es sei bitter, dass nur die Impfpflicht für medizinisches und Pflegepersonal bleibe, twitterte der Verband.

Ähnlich äußerte sich der Sozialverband Deutschland (SoVD). Dessen Präsident Adolf Bauer betonte, Gespräche und Debatten müssten "jetzt erst recht" intensiviert und weiter für die Einführung einer allgemeinen Corona-Impfpflicht gekämpft werden. Auch Krankenhäuser reagierten enttäuscht auf das Scheitern der Impfpflicht. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) erklärte, es sei ein Scheitern mit Ansage gewesen.

Patientenschützer begrüßten die Entscheidung dagegen als Stärkung der Selbstbestimmung. Die Corona-Impfung schaffe keine Herdenimmunität, "ebenso wäre die Impfpflicht ein Umsetzungs-, Kontroll- und Sanktionierungsmonster. Deshalb ist es gut, dass der Bundestag heute die Selbstbestimmung gestärkt hat", sagte der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch. Er betonte, es sei "kein Gegensatz, für die Impfung zu werben und bei der Impfpflicht skeptisch zu sein".

Die Abgeordneten hatten nach langer, teilweise hitziger Debatte über drei Anträge und einem Gesetzentwurf abgestimmt. Über den Gesetzentwurf aus den Reihen der Mitglieder der Ampelkoalition, der eine Impfpflicht ab 60 Jahren vorsieht, befanden die Parlamentarier zuerst und entschieden sich gegen die Impfpflicht.

Auch die drei weiteren Anträge fanden keine Mehrheit. In einem Antrag hatte die Unions-Fraktion einen gestuften Impfmechanismus vorgeschlagen. Gegen eine allgemeine Impfpflicht hatten sich Abgeordnete verschiedener Fraktionen um den FDP-Abgeordneten Wolfgang Kubicki ausgesprochen. Sie schlugen stattdessen vor, weiter für das Impfen zu werben. Auch aus den Reihen der AfD gab es einen Antrag gegen eine Corona-Impfpflicht.

In einer teilweise erregten Bundestagsdebatte hatten die Parlamentarier zuvor mit Blick auf die mögliche Einführung einer Impfpflicht für ihre jeweiligen Anträge geworben. So sprachen sich unter anderem Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und der Grünen-Abgeordnete Janosch Dahmen für die Einführung einer Impfpflicht ab 60 Jahren aus.

Der gesundheitspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Tino Sorge (CDU), stellte sich hinter den Unions-Antrag für ein Impfvorsorgegesetz, das unter anderem die Einführung eines Impfregisters vorsieht. Der FDP-Abgeordnete Wolfgang Kubicki argumentierte für den Antrag, der das Werben für eine Impfung vorsieht, eine Impfpflicht aber ablehnt. Die AfD-Fraktionsvorsitzende Alice Weidel lehnte die Impfpflicht ab, weil sie einen Eingriff in die körperliche Unversehrtheit bedeute.

KNA

08.04.2022 - Corona , Impfung , Verbände