"Völlig unverhältnismäßig und kinderfeindlich"

Kinderschutzverbände gegen weitere Kontaktbeschränkungen

Mehrere Kinderschutzverbände haben den Appell von Bund und Ländern scharf kritisiert, auch die Kontakte von Kindern und Jugendlichen weiter zu begrenzen. "Soziale Interaktion ist sehr wichtig, gerade für Jugendliche ist sie das zentrale Entwicklungsmoment", sagte der Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerks, Holger Hofmann. "Es ist völlig unverhältnismäßig und kinderfeindlich, das auf einen Kontakt zu beschränken."

Mit der Schließung von Sportvereinen, Kulturstätten und Freizeitzentren werde Kindern und Jugendlichen derzeit ohnehin schon sehr viel zugemutet, sagte Hofmann weiter. Eine zusätzliche Beschränkungen sozialer Kontakte auf einen Haushalt sei "zu wuchtig". "Man erreicht damit nur, dass Verständnis verspielt wird bei Kindern und Jugendlichen."

Auch beim Deutschen Kinderschutzbund sieht man den Vorstoß mit großer Sorge. "Es ist furchtbar für das Kind, das sich zwischen seinen Freunden entscheiden soll und es ist furchtbar für jenes Kind, das im Zuge einer solchen Entscheidung vielleicht abgewiesen werden müsste", sagte Präsident Heinz Hilgers den Zeitungen. Eine solche Entscheidung, "die mit so viel Potenzial für Zurückweisungen und Tränen verbunden ist", solle Kindern nicht auferlegt werden.

Es ärgere ihn, sagte Hilgers, dass in den jüngsten Vorschlägen für Kontaktbeschränkungen vor allem Kinder und Jugendliche im Zentrum stünden. "Denn gleichzeitig läuft in den Bürohäusern deutscher Innenstädte ein völlig ungeregelter Präsenzbetrieb weiter." Diese Jobs könnten Angestellte "genauso gut und vor allem sicher von Zuhause erledigen".

Michael Kölch, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie, mahnte ebenfalls dazu, darauf zu achten, dass keiner "übrig bleibt" bei der Wahl des festen Kontakts. "Nach denen, die sonst wenige Kontakte haben, muss man jetzt schauen, damit die nicht völlig vereinsamen", sagte er. Er zeigte sich aber auch optimistisch, dass Kinder und Jugendliche mit altersgerechten Erklärungen gut mit der Situation umgehen könnten. "Wichtig ist es, das transparent zu machen", betonte Kölch.

KNA

19.11.2020 - Corona , Jugend , Kinder