Missbrauchsopfer trafen Franziskus

Kirchenkrise in Chile: Papst schließt dritte Gesprächsrunde ab

Zur Aufarbeitung des Missbrauchsskandals in der chilenischen Kirche ist am Wochenende die dritte Gesprächsrunde bei Papst Franziskus zuende gegangen. Seit Freitag hatte er dazu mehrere Geistliche aus Chile zu Gast, mit denen er am Samstag insgesamt gut vier Stunden intensive Einzel- und Gruppengespräche führte. So schilderten es zwei von ihnen am Samstagabend gegenüber Journalisten.

„Nach diesen sehr persönlichen Gesprächen sind wir voller Hoffnung“, sagte Francisco Astaburuaga Ossa. Als Priester und Kirchenrechtsprofessor unterstützt er Missbrauchsopfer in ihrem Kampf um Aufklärung des erlittenen Unrechts. Der Papst, so Astaburuaga, habe noch einmal um Vergebung gebeten. In den Gesprächen sei es um Nähe und Trost gegangen und die Heilung von Wunden. Sein Amtsbruder Eugenio de la Fuente Lora ließ noch einmal durchblicken, wie schlimm das System von Missbrauch und Vertuschung gewesen sei. Konkretere Aussagen wollte die beiden Priester nicht machen.

Zu der Gruppe, die Franziskus zu Gast hatte, gehörten fünf Priester aus dem Umkreis des heute 87-jährigen Priesters Fernando Karadima, der 2011 vom Vatikan wegen sexueller Vergehen verurteilt wurde. Begleitet wurden sie von zwei weiteren Priestern, die Opfern rechtlichen und geistlichen Beistand leisten, sowie zwei Laien. Am Montagnachmittag fliegt die Gruppe zurück nach Chile.

Insgesamt zeigten sich Astaburuaga und de la Fuente Lora mit der Begegnung sehr zufrieden. Den Papst hätten sie als zugewandt, offen und natürlich erlebt. Insgesamt müsse es einen tiefgreifenden Wandel in der Kirche geben, so die beiden Priester. Dabei müssten auch die Laien mehr Verantwortung übernehmen sowie Priester und Bischöfe dies anerkennen und würdigen. Nichts anderes fordere auch das Zweite Vatikanische Konzil (1962-1965).

Am Donnerstag wurde ein Brief des Papstes an alle Katholiken Chiles veröffentlicht. Darin bittet er um Unterstützung, um der „Kultur des Missbrauchs“ und dem „System der Vertuschung“ den Nährboden zu entziehen. Zugleich bekennt er Scham, nicht früher auf die Opfer gehört zu haben. Vor allem aber wendet er sich gegen einen auf Kontrolle bedachten Klerikalismus, gegen kirchliches Elitedenken und theologische Enge, die zu einer „Verödung und Pervertierung“ der Kirche geführt habe.

Begonnen hatte der Papst seine Gespräche Ende April bei einer knapp einwöchigen Begegnung mit drei Missbrauchsopfern aus Chile. Mitte Mai waren dann alle Bischöfe des Landes im Vatikan. 29 von 31 aktiven Oberhirten boten daraufhin ihren Amtsverzicht an. Angenommen hat der Papst bislang keinen.

Allerdings sandte Franziskus vergangene Woche erneut seine beiden Sonderermittler, Erzbischof Charles Scicluna und den Kirchenjuristen Jordi Bertomeu aus der Disziplinarabteilung der Glaubenskongregation, nach Chile. Im Bistum von Juan Barros, an dem sich die aktuelle Debatte im Januar entzündete und dem vorgeworfen wird, Karadima gedeckt zu haben, sollen sie den „Prozess der Wiedergutmachung und Heilung“ voranbringen.

KNA

04.06.2018 - Ausland , Kriminalität