"Opfer des Wahnsinns unserer Zeit"

Koma-Patient Lambert ist tot

Der Koma-Patient Vincent Lambert ist tot. Wie französische Medien berichten, starb der 42-Jährige am Donnerstag um kurz nach acht Uhr in der Universitätsklinik von Reims. Vor einer Woche hatte das behandelnde Ärzteteam zum zweiten Mal angekündigt, die künstliche Ernährung des Wachkoma-Patienten einzustellen und die Zufuhr von Wasser und Nahrung beendet.

Um seine Behandlung hatte es jahrelange Rechtsstreitigkeiten bis hin zum Europäischen Menschenrechtsgerichtshof gegeben. Während seine Ehefrau Rachel als Vormund ihres Mannes die Behandlung beenden lassen wollte, legten seine Eltern dagegen zuletzt noch Beschwerde beim UN-Ausschuss für die Rechte von Menschen mit Behinderungen ein.

Kurienkardinal Robert Sarah schrieb am Donnerstag auf Twitter, Lambert sei „als Märtyrer und Opfer des furchterregenden Wahnsinns der Menschen unserer Zeit“ gestorben. Die Deutsche Stiftung Patientenschutz verwies auf die rund 10.000 Wachkoma-Patienten in Deutschland. Diese seien „keine Sterbenden“, sondern hätten Anspruch auf medizinische und pflegerische Versorgung, sagte Stiftungsvorstand Eugen Brysch. Der einzig sichere Weg, Einfluss auf die Behandlung zu nehmen, sei die Patientenverfügung. „Andernfalls kann es zu jahrelangen Streitigkeiten kommen, die nicht selten von Gerichten entschieden werden müssen“, betonte Brysch. Ein automatisches Mitspracherecht von Eltern oder Ehepartnern gebe es nicht.

Lambert lag seit einem Motorradunfall 2008 in einer Art Wachkoma. Bereits am 9. April 2018 hatte das Ärzteteam entschieden, die Behandlung des früheren Krankenpflegers zu stoppen. Diese Entscheidung wurde von unterschiedlichen Gerichten bestätigt und wieder verworfen. Schon drei Jahre zuvor hatte der Europäische Menschenrechtsgerichtshof den Beschluss eines anderen Ärzteteams zur Einstellung der künstlichen Ernährung bestätigt. Zuletzt lehnte das Verwaltungsgericht in Chalons-en-Champagne ein weiteres Berufungsverfahren der Eltern ab.

Diese hatten zu Wochenbeginn die gerichtliche Auseinandersetzung um seine Weiterbehandlung beendet. „Vincents Tod ist jetzt unvermeidlich“, schrieben sie in einem Offenen Brief. Lamberts Vater Pierre bezeichnete den Behandlungsstopp als „eine getarnte Ermordung, eine Sterbehilfe“.

Auch die katholische Kirche drängte immer wieder auf eine Weiterbehandlung des Patienten. Dieser habe „das Recht auf angemessenen Schutz - genau wie jeder behinderte Mensch“, erklärten Frankreichs Bischöfe. Am Mittwoch hatte der Pariser Erzbischof Michel Aupetit via Twitter zum Gebet für Lambert aufgerufen. Auch Papst Franziskus forderte über Twitter zum Gebet auf „für die Kranken, die im Stich gelassen und dem Tod ausgeliefert werden“. Eine Gesellschaft sei menschlich, „wenn sie jedes Leben schützt, ohne bestimmen zu wollen, wer würdig ist zu leben und wer nicht“, schrieb der Papst, ohne konkret auf den Fall des Franzosen einzugehen, und weiter: „Ärzte sollen dem Leben dienen und es nicht nehmen.“

KNA

11.07.2019 - Ausland , Medizin , Sterbehilfe