Nach Predigt-Eklat

Bischof Genn untersagt Priester Seelsorgearbeit

Nach dem Eklat um eine Predigt über Missbrauch und Vergebung darf der emeritierte Pfarrer Ulrich Zurkuhlen nicht mehr öffentlich Gottesdienste feiern und als Seelsorger tätig sein. Das teilte der Münsteraner Bischof Felix Genn am Mittwoch mit: „Wenn einer meiner Mitarbeiter oder Mitarbeiterinnen solche Thesen vertritt, kann er nicht weiterhin im Dienst bleiben.“ Der Geistliche dürfe zudem ab sofort nicht mehr predigen und auch nicht mehr die Beichte abnehmen. Er sei in den Ruhestand versetzt, die Bezüge seien gekürzt worden.

„Pfarrer Ulrich Zurkuhlen ist es verboten, sich weiterhin in dieser Sache zu äußern, sei es schriftlich oder mündlich“, betonte Genn, der sich fassungslos zeigte: „Ich möchte dadurch verhindern, dass er weiterhin die Betroffenen mit seinen unsäglichen Thesen belästigt.“ Der Bischof ergänzte, er erwarte eine „glaubhafte schriftliche Entschuldigung gegenüber den Betroffenen, gegenüber der Gemeinde, den Kolleginnen und Kollegen, gegenüber all den Menschen, die er verletzt hat“.

Genn betonte vor Journalisten, dass in einer Predigt zwar das Thema Vergebung aufgegriffen werden könne. „Entscheidend ist aber, wie man das macht.“ Man könne und dürfe von Opfern nie Vergebung verlangen. Sie sei ein Geschenk, auf das es kein Anrecht gebe. Der Bischof hatte Zurkuhlen zuvor schon aufgetragen, nicht mehr zu predigen.

Der 79-Jährige hatte am vorletzten Wochenende in der Heilig-Geist-Gemeinde dafür geworben, einander vergeben zu können, und dies ausdrücklich auch auf Priester bezogen, die Minderjährige sexuell missbraucht haben. Zahlreiche Gottesdienstbesucher hatten daraufhin unter Protest die Kirche verlassen und kritisiert, dass er nicht auf die Perspektive und das Leid der Opfer eingegangen war.

Der leitende Pfarrer der St.-Joseph-Gemeinde, Stefan Rau, sagte, er sei erleichtert. Es habe Menschen in der Gemeinde gegeben, die Sorge gehabt hätten, dass jetzt nichts passiere. Bereits am Dienstagabend hatte der Pfarrreirat der Gemeinde, zu der Heilig-Geist gehört, in einer Resolution betont, aus seiner Sicht dürfe Zurkuhlen künftig keine priesterlichen Dienste mehr ausüben.

In einem am Dienstagabend ausgestrahlten Gespräch mit der WDR-Lokalzeit Münsterland hatte der Geistliche erneut seine Predigt verteidigt und betont, er wolle das Leid der Opfer keineswegs herunterspielen. Er äußerte aber auch Verwunderung darüber, warum sich viele Missbrauchsopfer erst so spät gemeldet hätten. Auch verstehe er nicht, warum Kinder, wenn sie so etwas Schreckliches erlebt hätten, immer wieder zu dem Täter gegangen seien. Das zeige doch, dass da auch ein „positives Verhältnis“ gewesen sei müsse und dass es vielleicht „nicht so tragisch für die Kinder war“.

Diese und ähnliche Aussagen Zurkuhlens seien „unfassbar“ und hätten ihn „fassungslos“ gemacht, betonte Genn. Auf die Frage, ob es gegen den 79-Jährigen auch Vorwürfe in Sachen Missbrauch oder Vertuschung gebe, antwortete der Bischof, davon sei ihm nichts bekannt. Genn räumte ein, dass der Pfarrer gegen die Anweisung Rechtsmittel in Rom einlegen könne. Er rechne aber nicht mit einer Intervention aus dem Vatikan.

KNA