Nach Vorwürfen

Kardinal Dziwisz für Untersuchungskommission

Der polnische Kardinal Stanislaw Dziwisz hat erneut eine unabhängige Untersuchungskommission zu Vorwürfen gegen ihn vorgeschlagen. Damit reagierte er am Montagabend auf die Sendung "Don Stanislao. Das andere Gesicht von Kardinal Dziwisz" des polnischen Nachrichtensenders TVN24 vom selben Abend. "Ich möchte eine transparente Aufklärung dieser Fragen", heißt es in einer schriftlichen Erklärung des früheren Privatskretärs von Papst Johannes Paul II. (1978-2005).

In der Sendung wird Dziwisz beschuldigt, Hinweise auf sexuellen Kindesmissbrauch in der Kirche ignoriert und vertuscht zu haben. Dziwisz betonte: "Es geht nicht darum, eventuelle Versäumnisse zu beschönigen oder zu verheimlichen, sondern darum, Fakten ehrlich darzustellen." Das Wohlergehen der Betroffenen sei von größter Bedeutung. Kinder und Jugendliche dürften in der Kirche nie wieder das Unrecht erleiden, das ihnen in der Vergangenheit angetan worden sei, betonte der 81-Jährige. Er sei zur vollen Zusammenarbeit mit einer derartigen Kommission bereit.

Bereits im September hatte sich Dziwisz für ein unabhängiges Untersuchungsgremium ausgesprochen. Zuvor hatte ihm ein Priester vorgeworfen, er hätte seinerzeit als Erzbischof von Krakau Missbrauchsfälle dem Vatikan melden müssen, habe das jedoch unterlassen. Damit habe er gegen Vorgaben der Päpste Johannes Paul II. und Benedikt XVI. (2005-2013) verstoßen.

In der TV-Reportage heißt es zudem, der frühere US-Kardinal Theodore McCarrick habe 1988 für eine Privataudienz mit Papst Johannes Paul II. 10.000 Dollar an Dziwisz gezahlt. Das sagte der US-Amerikaner James Grein in der Sendung, der nach eigenen Angaben seit seinem elften Lebensjahr über fast ein Vierteljahrhundert von McCarrick sexuell missbraucht wurde. Bei der gemeinsamen Papstaudienz im Juli 1988 sollte er den damaligen Erzbischof von Newark entlasten.

McCarrick war ab 1986 Erzbischof von Newark im US-Bundesstaat New Jersey, von 2001 bis 2006 Erzbischof von Washington. Er wird beschuldigt, zwischen 1970 und 1990 Priesteramtskandidaten und junge Geistliche sexuell ausgebeutet, seine Machtstellung missbraucht und sich in mindestens zwei Fällen an Minderjährigen vergangen zu haben. Der Skandal um den heute 90-Jährigen unterscheidet sich von anderen Missbrauchsfällen im US-Klerus durch mutmaßliche Belege, dass hochrangige Vertreter des Vatikans und der US-Kirche von McCarricks Verfehlungen wussten.

Papst Franziskus entließ McCarrick im Juli 2018 aus dem Kardinalskollegium und im Februar 2019 aus dem Klerikerstand. Im Herbst 2018 ordnete Franziskus eine Untersuchung des Falls durch das Staatssekretariat an. Den Untersuchungsbericht will der Vatikan am heutigen Dienstag veröffentlichen.

KNA

10.11.2020 - Kardinäle , Missbrauch , Vatikan