Blitztrauung auf Weiterflug

Papst prangert in Chile Ausbeutung an

An seinem letzten Besuchstag in Chile hat Papst Franziskus die Ausbeutung von Migranten angeprangert. Bei einem Gottesdienst nahe der nordchilenischen Stadt Iquique forderte er am Donnerstag zu Solidarität mit Zuwanderern auf. Diese hätten besonders mit Problemen wie unsicheren Arbeitsplätzen und fehlendem Wohnraum zu kämpfen. Zugleicht mahnte Franziskus das Land erneut zu Einheit. Später flog das katholische Kirchenoberhaupt weiter in den Nachbarstaat Peru.

Zu dem Gottesdienst in Iquique auf dem Strandgelände „Playa Lobito“ kamen rund 50.000 Teilnehmer, deutlich weniger als erwartet. Vor seinem Flug nach Peru traf Franziskus noch mit einem Opfer der Regimes von Augusto Pinochet (1973-1990) zusammen. Hector Marin Rossel, dessen Bruder kurz nach dem Putsch unter Pinochet im September 1973 verschleppt und getötet worden war, bat den Papst, sich für die Aufklärung des Schicksals der Verschwundenen während der Militärdiktatur stark zu machen. Marin, der heute einen Verband der Angehörigen von Opfern leitet, war damals 17 Jahre alt, sein ermordeter Bruder Jorge 19.

Für Aufsehen sorgte eine Blitztrauung, die der Papst beim Flug nach Iquique leitete. Paula Podest (39) und Carlos Ciuffardi (41) aus Chile gaben sich vor Franziskus noch einmal ihr Ja-Wort. Zivil ist das Paar acht Jahren verheiratet. Die beiden haben bereits zwei Kinder. Zuvor hatte Ciuffardi dem Papst erzählt, dass ihre 2010 geplante kirchliche Hochzeit ausfallen musste, weil ihre Kirche durch ein Erdbeben zerstört worden war. Darauf fragte Franziskus laut Ciuffardi: „Wollt ihr heiraten? Dann machen wir das jetzt.“ Laut Vatikansprecher Greg Burke war dies das erste Mal, dass eine Trauung unter derartigen Umständen stattfand.

Unterdessen nahm Papst Franziskus den wegen eines Missbrauchsskandals angegriffenen chilenischen Bischof Juan Barros in Schutz. Es gebe „keinen einzigen Beweis“ gegen ihn, sagte Franziskus. Barros wird beschuldigt, von sexuellen Vergehen des Priesters Fernando Karadima gewusst zu haben. Belege dafür gibt es bislang nicht. Der heute 87-jährige Karadima, einst einer der prominentesten Geistlichen Chiles, wurde 2011 wegen Missbrauchs verurteilt. Barros zählte zu seinem geistlichen Schülerkreis.

Der Papst ernannte Barros Anfang 2015 vom Militärbischof zum Oberhirten des kleinen Bistums Osorno im Süden Chiles. Dadurch geriet auch Franziskus selbst in die Kritik. Die Debatte über Barros und dessen Auftritte bei Veranstaltungen mit dem Papst begleitete den Aufenthalt von Franziskus in Chile.

Enttäuscht über den Papst äußerte sich einer der prominentesten Sprecher der Minderheit der Mapuche in Chile, Aucan Huilcaman. Er bezeichnete die Rede von Franziskus am Mittwoch in Temuco gegenüber der argentinischen Zeitung „La Nacion“ als „ziemlich lau, doppelsinnig und ungenau“. Der Papst habe die eigentlichen Ursachen des Konflikts der Mapuche mit Siedlern und Unternehmen nicht benannt.

KNA

19.01.2018 -