Nach Festnahme

Presse: Hongkonger Kardinal Zen auf Kaution entlassen

Der in Hongkong festgenommene Kardinal Joseph Zen Ze-kiun ist offenbar wieder in Freiheit. Das unabhängige Internetportal Hong Kong Free Press verbreitete am Mittwochabend auf Twitter ein Foto des Kardinals mit Maske und die Information, der 90-jährige Zen sei auf Kaution aus dem Polizeihauptquartier entlassen worden. Anschließend habe er den Ort ohne weitere Erklärungen in einem Privatauto verlassen.

Örtlichen Berichten von Mittwoch zufolge war der frühere Bischof von Hongkong und prominente Kritiker der chinesischen Regierung zuvor gemeinsam mit zwei weiteren Personen von der Nationalen Sicherheitspolizei festgesetzt worden.

Bei den beiden anderen handelt es sich den Angaben zufolge um die ehemalige Oppositionsabgeordnete und Anwältin Margaret Ng Ngoi-yee, die laut Hong Kong Free Press nun ebenfalls auf Kaution wieder freikam, und die Aktivistin für Lesben- und Schwulenrechte sowie Sängerin Denise Ho Wan-sze. Den Berichten nach werden allen Festgenommenen "geheime Absprachen mit ausländischen Kräften" vorgeworfen. Bereits am Dienstag sei auch der Kulturwissenschaftler Hui Po-keung am Flughafen von Hongkong verhaftet worden, hieß es.

Insgesamt sollen fünf Personen festgenommen worden sein, die wie Zen als Treuhänder an der Verwaltung eines inzwischen aufgelösten humanitären Fonds für Demonstranten der gegen Peking gerichteten prodemokratischen Proteste 2019 beteiligt waren.

Der Vatikan erklärte nach der Verhaftung, man habe die Nachricht "mit Besorgnis zur Kenntnis genommen und verfolgt die Entwicklung der Situation sehr genau". Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing (Limburg), schrieb auf Twitter, der Vorgang erfülle ihn mit "großer Sorge". In einem weiteren Tweet der Bischofskonferenz hieß es: "Kardinal Zen ist seit Jahrzehnten ein unbequemer und unbestechlicher Streiter für die Freiheit der Menschen gegenüber den Anmaßungen der kommunistischen Staatsmacht, die mittlerweile auch Hongkong unter ihre Kontrolle gebracht hat."

Zen zählt zu den kirchenpolitisch prägenden katholischen Vertretern Asiens. Über seine Amtszeit hinaus gehört der Ordensmann der Salesianer Don Boscos zu den prominenten Kritikern der chinesischen Regierung und ihrer Religionspolitik, zuletzt zunehmend auch des Vatikan und seiner China-Politik.

Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch erklärte: "Die Verhaftung eines 90-jährigen Kardinals wegen seiner friedlichen Aktivitäten ist ein schockierender neuer Tiefpunkt für Hongkong und veranschaulicht den freien Fall der Menschenrechte in der Stadt in den vergangenen zwei Jahren."

Weiter hieß es: "Die Verhaftungen, die nach der Ernennung des ehemaligen Sicherheitschefs John Lee durch die chinesische Regierung zum Regierungschef der Stadt erfolgen, sind ein unheilvolles Zeichen dafür, dass das harte Durchgreifen in Hongkong eskalieren wird." Der chinatreue bisherige Sicherheitsminister John Lee war am 8. Mai zum neuen Regierungschef Hongkongs bestimmt worden.

Seit der Einführung des sogenannten Nationalen Sicherheitsgesetzes Ende Juni 2020 durch China werden in der chinesischen Sonderverwaltungszone Hongkong Freiheitsrechte, Pressefreiheit und Rechtsstaatlichkeit unterdrückt. Hunderte Demokratieaktivisten wurden verhaftet; Tausende entzogen sich der Verfolgung durch die Flucht ins Ausland. Auch die Religionsfreiheit gerät zunehmend unter Druck der prochinesischen Führung.

KNA

12.05.2022 - Asien , Gewalt , Kardinäle