Trauer

Rabbiner Henry G. Brandt gestorben

Rabbiner Henry G. Brandt ist tot. Er starb am Montag im Alter von 94 Jahren in seinem Haus in Zürich. Das bestätigten der Vorsitzende der Allgemeinen Rabbinerkonferenz, Rabbiner Andreas Nachama, und der Berliner Rabbiner Jonah Sievers am Dienstag. Zuerst hatte die "Jüdische Allgemeine" berichtet. Brandt galt als bedeutende Stimme im jüdisch-christlichen Dialog.

Der gebürtige Münchner wurde 2005 zum Gründungsvorsitzenden der Allgemeinen Rabbinerkonferenz Deutschlands gewählt; 2019 wurde er nach seinem Rückzug Ehrenvorsitzender auf Lebenszeit. Zudem war Brandt unter anderem Ehrenpräsident des Deutschen Koordinierungsrates der Gesellschaften für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit, Mitglied des Gesprächskreises "Juden und Christen" im Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) und Teilnehmer regelmäßiger Treffen von Rabbinern und Bischöfen.

Brandt wurde am 25. September 1927 in München als Heinz Georg Brandt geboren. Als Elfjähriger erlebte der Schuhhändler-Sohn, wie am 9. November 1938 SA-Männer seinen Vater verhafteten. Als dieser bald darauf wieder entlassen wurde, floh die Familie über Großbritannien ins damalige Palästina. Nach dem Krieg war Brandt Flottenoffizier in der israelischen Marine. Danach studierte er Nationalökonomie in Belfast. Später wandte er sich dem Rabbinatstudium zu, das er 1966 am Leo Baeck College in London abschloss. Es folgten Stellen in Leeds, Genf, Zürich und Göteborg.

1983 kehrte Brandt nach Deutschland zurück, wo er unter anderem bis 1995 Landesrabbiner von Niedersachsen und danach bis 2005 von Westfalen-Lippe war. Im Jahr 2004 wurde Brandt Rabbiner für Schwaben-Augsburg und für Bielefeld.

Seinen Ruf als Brückenbauer zwischen den Religionen festigte Brandt, als er 2008 in der Kontroverse um die Karfreitagsfürbitte für die Juden am Gespräch festhielt. Die Neufassung der Fürbitte von Papst Benedikt XVI. billige die Judenmission, hieß es - andere Vertreter des Judentums sagten daher ihre Teilnahme am Osnabrücker Katholikentag ab. Brandt blieb gleichwohl kritisch: So prangerte er im Jahr 2018 einen Aufsatz des emeritierten Papstes zum Verhältnis von Christen und Juden an, da darin das Judentum als "defizitär" dargestellt werde.

Für sein Wirken wurde Brandt vielfach ausgezeichnet, etwa mit dem Bundesverdienstkreuz, dem Bayerischen Verdienstorden, dem Klaus-Hemmerle-Preis und der Ehrenbürger-Würde Augsburgs.

KNA

08.02.2022 - Deutschland , Judentum , Trauer