Vor Besuch in Weißrussland

Steinmeier betont Bedeutung von Erinnerung an NS-Verbrechen

Vor seinem Besuch in Weißrussland an diesem Freitag hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier die Bedeutung von Erinnerung an NS-Verbrechen unterstrichen. Zugleich würdigte er in einem Interview der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (Freitag) die Anstrengungen, Malyj Trostenez zu einem Ort des Gedenkens an die Opfer zu machen. Diese Entwicklung habe man einem "unermüdlichen zivilgesellschaftlichen Engagement" zu verdanken.

Steinmeier besucht als erster deutscher Bundespräsident Weißrussland. In Malyj Trostenez am Stadtrand der Hauptstadt Minsk will er mit den Präsidenten Weißrusslands und Österreichs, Alexander Lukaschenko und Alexander van der Bellen, eine Gedenkstätte zur Erinnerung an den größten nationalsozialistischen Vernichtungsort in der damaligen Sowjetunion eröffnen. Dort ermordeten die deutschen Besatzer zwischen 1942 und 1944 laut Schätzungen zwischen 50.000 und 250.000 Menschen, vor allem Juden.

"Trostenez beschäftigt mich schon lange", sagte Steinmeier in dem Interview. "Weil es vergessen schien, aber auch, weil es über Jahre auf weißrussischer Seite wenig Bereitschaft gab, insbesondere für die dort ermordeten Juden Europas eine Erinnerungsstätte zu schaffen, die der Größenordnung des Schreckens angemessen ist". Man dürfe aber auch nicht vergessen, dass es unter den Weißrussen "unvorstellbare Opfer" gegeben habe. Er sei "froh, dass wir seit 2008 eine Öffnung auf der weißrussischen Seite erleben, die die Errichtung einer solchen Gedenkstätte für all diese Opfer, wie wir sie jetzt besuchen, schrittweise möglich gemacht hat".

Insgesamt verändere sich das Erinnern an Krieg und Diktatur. "Meine Generation hatte die Möglichkeit, im Gespräch mit Überlebenden immer wieder zu hören, mit welcher Brutalität und Barbarei Menschen verfolgt, gefoltert und ermordet worden sind", betonte Steinmeier. "Und auch zu erfahren, dass es Deutsche waren, die den politischen Beschluss zur Auslöschung der Juden Europas gefasst und daraus folgend eine unvorstellbare industrielle Tötungsmaschine installiert haben." Diese "unmittelbare Erzählung" durch Augenzeugen werde immer mehr fehlen.

KNA

29.06.2018 - Politik