Tag der Deutschen Einheit:

Bischöfe für Kultur der Wachsamkeit

Bei der zentralen Feier zum Tag der Deutschen Einheit in Halle/Saale haben die Kirchen zur Wachsamkeit mit Blick auf Gefährdungen der Demokratie aufgerufen. In einem ökumenischen Gottesdienst sagte der Magdeburger Bischof Gerhard Feige, angesichts fremdenfeindlicher, rassistischer und antisemitischer Tendenzen seien "konsequentere politische Bemühungen und eine mutige Zivilgesellschaft" notwendig. Er plädierte für "eine Kultur der Wachsamkeit und des berechtigten Widerspruchs, damit unsere Gesellschaft nicht aus dem Lot gerät".

Es sollten "alle Menschen guten Willens noch entschlossener für Toleranz und und ein friedliches Miteinander eintreten", forderte Feige. Er mahnte, beim Ausgleich unterschiedlicher Interessen "dem Osten Deutschlands noch mehr Gerechtigkeit zukommen zu lassen". Wichtig sei ebenso, "sich zu religiösen Überzeugungen frei und öffentlich bekennen zu können und nicht ins private Abseits verdrängt zu werden". Der Bischof des Bistums Magdeburg betonte: "Manchmal müssen Christinnen und Christen auch nerven, wenn es um ethische Werte geht, die den Anfang und das Ende des Lebens betreffen, die Bewahrung der Schöpfung oder überhaupt den Umgang mit all denen, die in Not sind."

Gesetze und Vorschriften, Kritik und Kontrolle allein machten eine Gesellschaft aber "noch nicht wirklich menschenfreundlich", erklärte Feige. Dazu brauche es auch "positive Grundüberzeugungen und Verhaltensweisen". Auch unter den gerechtesten Verhältnissen fehle "noch Wesentliches, wenn Liebe und Barmherzigkeit nicht hinzukommen".

Bei dem Gottesdienst in der Pauluskirche erinnerte der Landesbischof der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland, Friedrich Kramer, an das am 9. Oktober 2019 verübte Attentat auf die wenige hundert Meter entfernte Synagoge. "Die Wunde von Halle ist bis heute spürbar", betonte er. Kirchenpräsident Joachim Liebig von der Evangelischen Kirche Anhalts räumte ein, dass auch ein "friedloser Anspruch von Religion" zu Gewalt, Elend und Tod führen könne.

An dem Gottesdienst wirkten auch der Vorsitzende der Allgemeinen Rabbinerkonferenz Deutschland, Andreas Nachama, und der Vizevorsitzende des Dachverbandes Islamischer Gemeinden in Sachsen-Anhalt, Djamel Amelal, mit. Unter den anwesenden Repräsentanten aus Politik und Gesellschaft waren Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU).

KNA