Weltärztepräsident Montgomery:

Weihnachten wird für manche zum Todesrisiko

Ärztevertreterinnen- und vertreter sowie Patientenschützer sehen die von Bund und Ländern beschlossenen Regelungen zu Weihnachten und Silvester differenziert. Der Vorsitzende des Weltärztebundes, Frank Ulrich Montgomery, sagte im Radioprogramm SWR Aktuell (Donnerstag): "Medizinisch-epidemiologisch ist es Wahnsinn, an Weihnachten wieder aufzumachen. Das Virus kennt kein Weihnachten und keinen Ramadan. Das sucht sich seine Opfer täglich da, wo es sie findet."

Er verstehe allerdings, dass die Menschen an Weihnachten Kontakte brauchten. Hier müsse eine "saubere Balance" gefunden werden. "Zwei bis drei Wochen nach Weihnachten werden die Todeszahlen hochgehen. Weihnachten wird damit zu einem Fest mit einem Todesrisiko für manche Menschen." Daher müsse die Bevölkerung sich an die Distanzregeln halten. Kein Verständnis habe er allerdings für eine Ausdehnung der Lockerungen bis Silvester.

Ähnlich äußerte sich die Vorsitzende des Bundesverbands der Ärzte im öffentlichen Gesundheitsdienst, Ute Teichert. "Das Virus nimmt keine Rücksicht auf Weihnachten", sagte sie der Düsseldorfer "Rheinischen Post". Sie verstehe aber die politische Entscheidung, "damit die Menschen wenigstens im Ansatz ein Familienfest haben können". Auch sie appellierte an die Verantwortung jedes Einzelnen.

"Was an Weihnachten möglich ist, muss nicht auch für Silvester gelten", sagte die Vorsitzende der Ärztegewerkschaft Marburger Bund, Susanne Johna, den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Donnerstag). "Größere Zusammenkünfte in geschlossenen Räumen sind vor allem dann Treiber von Infektionen, wenn Alkohol im Spiel ist." Es sei besser, den Jahreswechsel im kleineren Kreis zu feiern. Die Belastung der Kliniken durch die Pandemie sei bereits jetzt hoch.

Zu Silvester könne sich die Lage durch akute Notfälle zu einem "Kollaps" auswachsen. "Die Ärztinnen und Ärzte in den Notaufnahmen werden es allen danken, die keine Raketen zünden und erst recht auf Chinaböller verzichten", sagte Johna. An Silvester müssten jedes Mal schwerste Verletzungen an Händen und Augen behandelt werden, auch Knalltraumata seien häufige Folgen. "Das alles sollten wir uns diesmal bitte sparen."

Zugleich warf Johna Bund und Ländern schwere Versäumnisse mit Blick auf Schnelltests vor. "Es ist ein absolutes Unding, dass für das Klinikpersonal immer noch nicht genügend Antigen-Schnelltests zur Verfügung stehen", sagte sie dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND/Donnerstag). "Wir brauchen eine engmaschige, flächendeckende Testung des Personals in den Kliniken, damit wir wissen, welche Risiken bestehen; dieses Versprechen müssen Bund und Länder durch Bereitstellung der Tests endlich einlösen", sagte sie.

Auch die Stiftung Patientenschutz kritisierte, mit 30 Schnelltests pro Monat für Pflegebedürftige, Klinikpatienten, Angehörige und Personal könne es nicht gelingen, "das Virus dort frühzeitig zu erkennen und aufzuhalten, wo es am härtesten zuschlägt". "Für pflegebedürftige, chronisch- und schwerstkranke Menschen wird es wohl ein düsteres Weihnachtsfest", sagte Stiftungsvorstand Eugen Brysch der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Sicherer Infektionsgrundschutz und klassische PCR-Tests bräuchten diese Ergänzung, sonst sei "Einsamkeit in Heimen und Krankenhäusern" programmiert.

KNA