„Hättte ich nur mehr geübt“

Was der Sieger Marius Herb beim Wuppertaler Orgelwettbewerb erlebte

GERSTHOFEN-HIRBLINGEN – Zunächst war Marius Herb auf Platz elf gestanden und auf der Warteliste beim „Internationalen Orgelwettbewerb Wuppertal der Hochschule für Musik und Tanz Köln“. Dann sprang jemand ab. Er konnte doch noch teilnehmen – und siegte.

Mit nur 19 Jahren war Organist Marius Herb aus Hirblingen nicht nur Erstplatzierter, sondern auch der jüngste Teilnehmer. Noch nie habe er jemanden in meinem Alter so spielen hören, zitiert Marius Herb erfreut den renommierten Juror Naji Hakim, der von dem jungen Musiker beeindruckt war. Mit Domorganist Professor Winfried Bönig aus Köln und der Titularorganistin der Elb-Philharmonie Iveta Apkalna bildete Naji Hakim eine hochkarätige Jury-Trias. Vor dieser zu bestehen und noch dazu solch ein Lob zu hören, gleicht einem musikalischen Ritterschlag. Zudem ist der Preis ist mit 8 000 Euro dotiert.

Trotz dieses fulminanten Einstiegs – nur wenige gewinnen einen großen Musikwettbewerb gleich beim ersten Anlauf – plant Marius Herb weiter Schritt für Schritt. Derzeit studiert er an der Hochschule für katholische Kirchenmusik in Regensburg bei Professor Franz Josef Stoiber Orgel, Kirchenmusik, dazu Cembalo und Klavier. Nach dem Abschluss im Sommer 2020 möchte er für den Master-Studiengang gerne wechseln, am liebsten nach Mainz zu Professor Gerhard Gnann, den er bereits kennenlernen konnte: „Er kann den Schüler da abholen, wo er steht“, schwärmt Herb. 

Außerdem sei Gnann auf die Musik von Johann Sebastian Bach spezialisiert. „Und Bach, der ist der Größte“, findet Herb. Seine Musik sei unglaublich natürlich und fordere immer auf eine andere Weise. Mit der Aufnahme einer Triosonate von Bach und anderen Werken bewarb sich Herb auch um die Teilnahme am Wuppertaler Orgelwettbewerb. Ende Juni kam die Absage: Über 50 junge Organistinnen und Organisten aus 14 Nationen hatten ihre Aufnahme eingeschickt, zugelassen wurden für die beiden Runden vor Ort in der Historischen Stadthalle Wuppertal aber nur zehn Teilnehmer. Marius Herb rechnete nicht mehr mit einer Teilnahme. 

Dann, zwei Wochen vor Wettbewerbsbeginn, erhielt er die Nachricht, dass jemand abgesprungen sei und dass er doch teilnehmen könne. Glücklicherweise trat Marius Herb seine Reise nach Wuppertal zusammen mit einem eigenen Registranten, einem Studienkollegen, an und musste keinen der Registranten in Wuppertal bemühen. So wusste Herb, dass er sich darauf verlassen konnte, dass stets die richtigen Register gezogen wurden. Nur drei Stunden hatte er Zeit, sich vor Ort mit der großen dreimanualigen Orgel von Siegfried Sauer vertraut zu machen.

Unerwartet im Finale

Am 21. August spielte er sein rund 50-minütiges anspruchsvolles Soloprogramm, bestehend aus einem Choral von César Franck, Toccata und Fuge in D von Max Reger, dem „Te Deum“ von Harald Feller und der berühmten Toccata in d von Bach, bekannt dafür, dass sie schwer zu spielen ist. Es lief jedoch ganz gut, erinnert sich Herb, „auch musikalisch“. Aber ob das für das Finale genüge, bezweifelte er damals. Doch sein Name wurde bei der Bekanntgabe gleich als erster genannt: Er war einer der vier Finalisten!  „Oh wei, hätte ich das Finalprogramm nur mehr geübt“, dachte er spontan. Die folgenden Stunden wurden hart: Da nur noch die Nacht zum Einregistrieren zur Verfügung stand, blieb er bis vier Uhr morgens wach, obwohl er bereits um acht Uhr wieder aufstehen musste. „Meine Konzentration war im Eimer“, erinnert er sich: „Ich machte Fehler, wo ich sonst nie welche mache.“ Doch nach zwei Tassen Kaffee und einer Mütze Schlaf kehrten die Kräfte zurück, und sobald die Tür zum Konzertsaal aufging, lief in den folgenden 60 Minuten alles „ganz gut“. 

Doch auch da rechnete er nicht mit dem Sieg. Als dann aber Juror Winfried Bönig die Platzverteilungen vom hinten aufrollte, schwante Marius Herb, dass es der erste Preis werden könnte und war bei der Verkündigung dann überwältigt. Dennoch steht das Studium an erster Stelle. Täglich übe er etwa vier Stunden, erzählt Herb, unter anderem auch in der Augsburger Ulrichsbasilika an seiner früheren „Lehrorgel“: Für diese Möglichkeit ist er seinem ehemaligen Lehrer, dem Chordirektor Peter Bader, sehr dankbar. 

Der führte ihn 2013 an die Königin der Instrumente heran, nachdem seit seinem sechsten Jahren Klavier lernte. Auch daheim in Hirblingen hat Marius Herb gute Übungsmöglichkeiten. Trotz seiner erst 19 Jahre konnte Herb bereits an berühmten Orgeln spielen, so auf den sagenhaften Orgeln in Notre Dame oder St-Sulpice in Paris. 

Stephanie Knauer

23.01.2020 - Kirchenmusik