300. Geburtstag von Franz Martin Kuen

Ein genialer Farbkünstler

WEISSENHORN – Unter den schwäbischen Barockmalern, die im 18. Jahrhundert Pfarrkirchen und Klöster, Wallfahrts- und Schlosskirchen mit ihren glanzvollen, den ganzen weiten Raum erfassenden Fresken ausschmückten, war er einer der ganz großen: der gebürtige Weißenhorner Franz Martin Kuen (1719 bis 1771).

Kuen malte in knapp 28 Jahren, denen die mehrjährigen Studienauf-
enthalte in Augsburg und Venedig erst noch abzurechnen sind, mehr als vier Dutzend Kirchensäle aus, manchmal mehrere jährlich. Er war ein unermüdlicher Schaffer, ein genialer Farbkünstler und virtuoser Geschäftsmann. 

Zur 300. Wiederkehr seines Geburtstags am 8. November 2019 hat ihm das Heimatmuseum Weißenhorn (Kreis Neu-Ulm) eine umfangreiche Sonderausstellung eingerichtet, die den Künstler und Stadtbürger Franz Martin Kuen in seiner Zeit vorstellt. Das benachbarte Kloster Roggenburg, für das er sein halbes Künstlerleben lang gearbeitet hat, präsentiert im Juli in einer weiteren Ausstellung unter dem Titel „Schwäbische Frömmigkeit in venezianischem Glanz“ Werke des Malers Kuen und seiner Zeitgenossen.    

„Verteilt über zahlreiche Stationen des weitläufigen Heimatmuseums gibt unsere Ausstellung Einblicke in die Kunst und die Lebenswelten Franz Martin Kuens“, sagt Museumsleiter Matthias Kunze. Tatsächlich muss der Besucher in den verschachtelten Räumen des historischen Bauwerks an der uralten Stadtmauer weite Wege zurücklegen. Denn Kunze machte aus der Not eine Tugend. Er konnte für die Sonderschau nicht die Dauerausstellung zur Geschichte Weißenhorns abräumen. So ordnet er denn, überaus pfiffig arrangiert, die Kuen-Stationen in die vorhandene Umgebung ein. Der Besucher erhält so Einblicke in die Lebensumstände in Weißenhorn zu Kuens Zeiten.

Ausbildung bei Tiepolo 

Übersichtlich und gut verständlich gestaltete Stationstafeln berichten über den Maler Kuen, seine vielköpfige Familie, seine Aus- und Weiterbildung beim Augsburger Akademiedirektor Johann Georg Bergmüller und dem damals bedeutendsten Maler Europas, Giovanni Batista Tiepolo in Venedig.

 Der Besucher erfährt von Kuens Förderern und Gönnern, die sich sogar in der eigenen Familie fanden. Sein Onkel Joseph Braunmüller, Propst im Augustinerchorherrenstift in Ulm, verschaffte dem erst 22-Jährigen den Auftrag für sein erstes Deckenbild im Wengenkloster. Ein weiterer Verwandter berief ihn ans Kloster Wiblingen, wo Kuen mit 25 Jahren sein bekanntestes und wohl auch bedeutendstes Deckenfresko für die Barockbibliothek schuf. 

Im Kloster Roggenburg, das Jahrzehnte hindurch erneuert und umgebaut wurde, beschäftigten die Prämonstratenserchorherren den Künstler 15 Jahre lang mit der Ausschmückung ihrer Kirche. Aber auch weltliche Herren ließen gern bei Kuen arbeiten, allen voran die Grafen Fugger von Kirchberg-
Weißenhorn und die Vöhlin in Illertissen.

Obwohl Kuen als Künstler vielfach gefragt war, arbeitete er nach Museumsleiter Kunzes Ermittlung preisgünstig. Für die Fresken in der Erbacher Schlosskirche nahe Ulm nahm er gerade mal 800 Gulden ein, für die Pfarrkirche in Scheppach 370, für ein Fresko im Schloss Tettnang 50 Gulden. Künstler wie Tiepolo oder auch die Brüder Asam kassierten für vergleichbare Arbeiten ein Vielfaches der Kuen’schen Honorare. 

Während die meisten Haushalte Weißenhorns zu Kuens Zeiten teils hoch verschuldet waren, galt der Maler als wohlhabend. Mit 28 Jahren kaufte er sein Elternhaus um 700 Gulden und gründete darin die eigene Werkstatt. Wenige Jahre später verlieh er sogar 1200 Gulden an einen Weißenhorner Bürger. Mit seiner Ehefrau, der Kaufmannstochter Maria Anna Würth, hatte Kuen 14 Kinder, von denen ihn allerdings nur vier überlebten. Er selbst starb laut Weißenhorner Sterberegister am 30. Januar 1771 im Alter von erst 51 Jahren. Angeblich trat sein Lebensende im österreichischen Linz ein, wo er auf der Reise nach Prag an Typhus gestorben sein soll.    

Gerrit-R. Ranft

Heimatmuseum Weißenhorn, 

„Franz Martin Kuen – Bürger und Künstler in Weißenhorn“, zu sehen bis 30. Juni Mittwoch bis Sonntag von 14 bis 17 Uhr, Donnerstag 14 bis 20 Uhr, www.weissenhorn.de/kuen-jubilaeum-2019.

23.05.2019 - Bistum Augsburg , Kultur , Kunst