Was wäre das italienische Leben ohne die Kunst des Müßiggangs, des süßen Nichtstuns? Dem „Dolce far niente“ durften, ja mussten sich deshalb auch einmal die Teilnehmer der Familienwallfahrt nach Assisi hingeben, nachdem sie so fleißig auf den Spuren von Franziskus und Klara unterwegs waren.
Tag 4 wurde folglich als Ausflugstag deklariert, wobei der Müßiggang mehr oder weniger auf dem Programm stand – auch, weil nach Tagen voller Sonnenschein das Wetter nicht ganz mitspielte. Die angekündigten Unwetter erwiesen sich aber, Gott sei Dank oder italienisch Grazie Dio, als leichte Übertreibung. Dank der vom Vorbereitungsteam wohlweislich empfohlenen Regenkleidung wurde niemand bis auf die Haut durchnässt.
"Schwester Wasser" aus dem Sonnengesang
Diejenigen, die ans Meer fuhren, natürlich schon, soweit sie den Gang ins Wasser nicht scheuten und dabei von warmen Temperaturen überrascht wurden. In Porto Sant‘Elpidio, dem Mittelmeerort in den Marken, hatten die Pilger aus dem Bistum geradezu einen Privatstrand, weil sonst nur wenige Urlauber unterwegs waren.
Für die anderen ging es per Bus zunächst an die Marmore-Wasserfälle, wo die Römer bereits 271 vor Christus zum Trockenlegen eines Sumpfgebiets ein Meisterwerk ihrer Bau- und Ingenieurskunst vollbracht haben. Mit 176 Metern ist der Wasserfall bis heute einer der höchsten künstlich geschaffenen der Welt und – so fügte Busbegleiterin Ursula Mayr trefflich hinzu – „künstlich heißt, dass man ihn auch an- und abschalten kann“. In der Tat: Zwischen 11 und 13 Uhr wurde die Schleuse eines oben gelegenen Flusses geöffnet, so dass sich das Wasserfall-Rinnsal in ein Prachtexemplar von Wasserfall verwandelte und in den unteren Fluss prasselte. Fast zeitgleich öffnete auch der Himmel kurzfristig die Schleusen, so dass die Pilger reichlich Bekanntschaft mit „Schwester Wasser“ machten, wie sie Franziskus im Sonnengesang gepriesen hat.