Vielseitiger Beruf

Der gute Geist des Pfarrhauses

EHEKIRCHEN – Sie ist dort, wo sie gebraucht wird: In Bayern heißt sie Pfarrhausfrau, bundesweit ist der Begriff Pfarrhaushälterin üblich. Marianne Lang (52) ist seit elf Jahren bei Pfarrer Thomas Brom in Ehekirchen angestellt und seit 2010 Geschäftsführerin des Bundesverbands der Pfarrhaushälterinnen. Was den Beruf ausmacht und womit die Frauen manchmal zu kämpfen haben, erzählt sie im Interview.

Frau Lang, wie sind Sie Pfarrhausfrau geworden?

Das war die typische Geschichte. Mein Bruder Franz war in der Jugendarbeit aktiv. Über ihn habe ich Thomas Brom kennengelernt, als er Benefiziat in Buchloe war. Erst war es Spaß, dann, als er Leiter der Pfarreiengemeinschaft Ehekirchen wurde, fragte er mich ernsthaft, ob ich seine Pfarrhausfrau werden wolle. Ich bin gelernte Restaurantfachfrau, hatte in Kaufbeuren, Sonthofen, Wiesbaden, Bad Wörishofen, Schwabmühlhausen und Bad Grönenbach gearbeitet und wollte etwas anderes machen, unter anderem wegen der Arbeitszeiten und Überstunden.

Die haben Sie ja jetzt ganz sicherlich auch?

Ja, aber hier im Pfarrhaus habe ich einen kirchlichen Beruf und mit Menschen in allen Lebenssituationen zu tun. Es gibt fröhliche und traurige Anlässe, Taufen, Hochzeiten und Beerdigungen – langweilig wird es nie und die Tätigkeit ist sehr vielfältig. Der Umgang mit Kindern und Jugendlichen hält jung. Als Pfarrhaushälterin ist man mittendrin. Neun Stunden arbeite ich zusätzlich im Pfarrbüro, seit das Bistum die Arbeitsstunden neu bewertet hat.

Pfarrhaushälterinnen sind bei den Pfarrern angestellt – in Teilzeit oder Vollzeit. Lässt sich von dem Beruf überhaupt leben?

In Bayern gibt es einen Tarifvertrag mit den Diözesen. Wir haben eine Zusatzversorgung, 13 Monatsgehälter und Urlaub. 85 Prozent des Gehalts werden den Pfarrern gezahlt. In manchen Bundesländern erhalten sie gar nichts. Kolleginnen aus Ostdiözesen erzählen, ihr Chef könne sich nur einen Minijob leisten. Die finanzielle Situation war ein Grund, dass sich die Pfarrhausfrauen im Jahr 1920 zu organisieren begannen. Da gibt es tragische Geschichten von Haushälterinnen, die auf ihr Gehalt verzichteten, damit der Pfarrer Möbel kaufen konnte. Oft setzte der Pfarrer seine Haushälterin als Erbin ein, sonst waren die Frauen bettelarm. Dazu kommt, dass das Pfarrhaus eine Dienstwohnung ist. Wenn der Pfarrer stirbt, ist die Pfarrhausfrau von einem Tag auf den anderen arbeits- und wohnungslos. Wir wünschen uns eine Regelung auf Bundesebene.

Worum kümmert sich der Verband noch?

Wir vermitteln den Kontakt zwischen Pfarrern, die eine Haushälterin suchen, und interessierten Frauen. Wir tauschen uns untereinander aus, organisieren gemeinsame Ausflüge und arbeiten am Bild in der Öffentlichkeit. Es gibt Klischees aus dem Fernsehen und Vorurteile. Ich selbst habe es noch nie erlebt, weiß aber von Kolleginnen, dass sie angefeindet werden oder beispielsweise gesagt bekommen: „Sie sind arm dran, müssen alles für den Priester tun, aber heiraten wird er sie nicht.“ Was viele nicht glauben – Pfarrhaushälterin zu sein ist ein ganz normales Angestelltenverhältnis. Unser größtes Anliegen ist, dass die Bistumsleitungen es mehr unterstützen, dass eine Pfarrhaushälterin da ist. Kochen, Putzen und Waschen sind es nicht allein. Es gibt 1000 Kleinigkeiten zu erledigen, die im Gemeindealltag untergehen. Das Wichtigste ist, dem Pfarrer den Rücken für seine seelsorgerische Arbeit freizuhalten – und dass im Pfarrhaus immer ein Ansprechpartner da ist, wenn er unterwegs ist.

Was muss man für den Beruf mitbringen?

Flexibilität, Gelassenheit, gute Nerven, Diskretion und Offenheit Menschen und neuen Ideen gegenüber. Einen christlichen Hintergrund zu haben ist natürlich von Vorteil – es wäre schwierig, sich gar nicht auszukennen. Aber katholisch zu sein ist nicht Pflicht. Wir haben auch evangelische Kolleginnen. Die Frauen kommen aus allen möglichen früheren Berufen, ob Krankenschwester, Lehrerin. Altenpflegerin oder Ingenieurin. 

Wie sehen Sie die Zukunft des Berufs? 

Schwierig – es gibt immer weniger Frauen, die bereit sind, den Beruf auszuüben. Auf der anderen Seite gibt es auch weniger Pfarrer, die eine Haushälterin wollen. Da macht sich eine neue Bescheidenheit breit unter den jungen Pfarrern. Ich finde, das kommt in der Priesterausbildung zu kurz. Da wird zwar geraten, sich eine Auszeit zu nehmen, auf sich selbst zu achten. Aber es kann ja nicht Sinn der Sache sein, dann den Haushalt zu machen. Außerdem ist es wichtig, dass da jemand ist, der auf den Pfarrer und seine Gesundheit achtet, zum Beispiel darauf, dass er regelmäßig und nicht nur eine Schnitte isst, oder nicht zu lange nachts am Computer arbeitet. 

Interview: Andrea Hammer

28.08.2019 - Bistum Augsburg , Frauen