Seit fast 400 Jahren

Die Franziskaner in Füssen

FÜSSEN – „800 Jahre Franziskaner in Deutschland“: Dieses Jubiläum wird im ganzen Land groß gefeiert. Auch in Füssen haben die Franziskaner eine lange Tradition und sind dort fest verwurzelt. Fast 400 Jahre prägt der Orden die Glaubensgeschichte im Ort. Der Anfang des Klosters war nicht einfach, zumal er in eine Zeit fiel, in der Krieg und Pest herrschten. Die Ordensleute verstanden es, sich schnell in Füssen zu etablieren. Sie sind bei den Bürgern der Lechstadt auch heute sehr beliebt und bereichern das religiöse Leben. Liebevoll werden sie von den Einheimischen „Franzgala“ genannt.

Der Anfang der Franziskaner in Füssen reicht in den Dreißigjährigen Krieg zurück. 1611 berief der Augsburger Fürstbischof Heinrich V. von Knöringen zunächst Jesuiten nach Füssen, um die Wiedertäufer im benachbarten Vils zu bekehren. Die beiden Patres wohnten zuerst im Benediktinerkloster St. Mang, errichteten aber noch 1611 ein Oratorium in einem Stall am Wagnergässlein. 

Schon bald kam es zum Streit zwischen Jesuiten und Benediktinern wegen der Errichtung einer Lateinschule und dem Recht, von der Pfarrkanzel zu predigen. So mussten die Jesuiten 1627 Füssen wieder verlassen. Sie zogen nach Kaufbeu­ren ab. Das Recht, von der Kanzel zu predigen, wurde auf Veranlassung von Fürstbischof Heinrich V. den Franziskanern aus Reutte in Tirol übertragen. 

Erzherzog Leopold V. hatte dort erst am 10. Juli 1627 ein Franziskanerkloster gegründet. Die Tiroler Franziskaner fanden zunächst im dem von den Jesuiten verlassenen Haus in Füssen Unterkunft. Am 15. März 1628 fand die feierliche Grundsteinlegung des Franziskanerklosters in Reutte statt. Erster Guardian war Friedrich Gailer. Am 11. September 1628 bezogen die Franziskaner auch die Kirche
St. Stephan in Füssen, weshalb der damalige Pfarrer, Matthäus Schalk, seinen Pfarrhof verlassen musste.

1629 begann man sogleich mit dem Bau des Klosters in unmittelbarer Nähe der Stadtmauer. Die Neugestaltung der Kirche folgte in den Jahren 1630 und 1631 durch Georg Schmuzer. 

Am 31. Mai 1631 bezogen drei Patres und drei Laien­brüder das neue Kloster. Dieses wurde allerdings bereits 1632 durch schwedische Truppen stark in Mitleidenschaft gezogen. Abt Martin Stempfle schrieb damals in seine Chronik: „Das neugebaute Franziskanerkloster ist extrema verderbt worden.“

Berühmter Künstler

Nach einer eher notdürftigen Wiederherstellung im Dreißigjährigen Krieg baute Johann Jakob Herkomer 1700 den Chor und die Sakristei der Kirche neu. Herkomer lieferte auch die Pläne für den Neubau des Südflügels, wo zwischen 1712 und 1714 im Untergeschoss ein Brauhaus und im Obergeschoss neue Mönchszellen errichtet wurden. Bereits 1695 betrieben die Ordensleute eine Branntweinbrennerei.

Ihr heutiges Aussehen erhielt die Kirche 1763 durch Franz Karl Fischer. Die Grundsteinlegung fand am 5. Mai 1763 statt. Am 14. Dezember 1765 konnte in der neu errichteten Franziskanerklosterkirche die erste Messe gelesen werden. Die Weihe fand am 10. Oktober 1767 statt. Zahlreiche Figuren stammen aus den Werkstätten Pfrontener Bildhauer. Die meisten Altarblätter fertigten Mitglieder der Zeiller-Dynastie aus Reutte.

Im Zuge der Säkularisation des Jahres 1803 wurde das Füssener Franziskanerkloster mit damals 17 Patres und sieben Laienbrüdern aufgelöst und dem Deutschen Orden übertragen. 1805 kam die Anlage in den Besitz des bayerischen Staates, wo als „Aussterbekloster“ alte Ordensmitglieder ihren Lebensabend verbringen konnten. Es war jedoch nicht erlaubt, neue Mitglieder aufzunehmen. 

König Ludwig I. von Bayern genehmigte 1836 die Wiedererrichtung des Klosters als Hospiz. 1913 erfolgte die Erhebung zum Konvent, der bis heute besteht. Am 6. Januar 2013 zerstörte ein Brand einige Räume im Westtrakt.

Kurseelsorge zentral

Heute sind die Franziskaner ein wichtiger Teil der Pfarreiengemeinschaft Füssen. Von 1937 an waren die Patres auch lange Zeit für die Gottesdienste in der Pfarrkirche in Hopfen am See zuständig. Schwerpunkt des Ordens ist vor allem die Kurseelsorge. Für Veranstaltungen sind die Tore des Klosters geöffnet. 

Dort finden auch viele Geistliche des Ordens Möglichkeiten zu Exerzitien oder verbringen hier ihren Lebensabend. Der Klostergarten ist eine Oase der Einkehr, in der Touristen wie Einheimische Ruhe und Erholung finden. Das Tor zwischen Franziskanerkloster und Stadtmauer ist zugleich das Ende der „Romantischen Straße“, die von Würzburg ins Allgäu führt.

Klaus Wankmiller

06.06.2021 - Bistum Augsburg , Orden