Dillingen ist Sitz der ältesten franziskanischen Frauengemeinschaft

Orden wirkt weltweit

DILLINGEN – Vor 800 Jahren wurde das erste Franziskanerkloster in Deutschland gegründet. Die Ordensgemeinschaft der Dillinger Franziskanerinnen ist nur um weniges jünger: Sie besteht seit 780 Jahren und ist damit die älteste franziskanische Frauengemeinschaft in Deutschland.

„Ich bin gerne Dillinger Franziskanerin, weil sie weltweit sind, weil sie so viele Menschen erreichen und weil sie sich in der Gemeinschaft gegenseitig stützen“, sagt General-
oberin Schwester Roswitha. Vor 780 Jahren schloss sich eine Gruppe frommer Frauen unter dem Namen „Große Sammlung“ zusammen. Diese Frauen wollten, so sagt es die Stiftungsurkunde, „Gott unserem Schöpfer zum Trost aller Gläubigen Seelen friedlich, andächtig und eifrig dienen, ihn loben und ehren“. 

Die Dillinger Grafen Hartmann IV. und sein Sohn Hartmann V. (1248 bis 1286), der spätere Bischof von Augsburg, schenkten der Gemeinschaft in Dillingen ein Haus in der Nähe der Pfarrkirche, dazu einen Hof, einen Krautgarten und eine Wiese als Existenzgrundlage. 

Im Jahr 1302 veranlasste der damalige Bischof von Augsburg, Degenhardt von Hellenstein und Heidenheim, den Anschluss der Großen Sammlung an die Straßburger Provinz der Franziskaner. 

Eine schwierige Zeit für das Kloster war der Dreißigjährige Krieg. 25 Schwestern flohen nach Tirol, fünf blieben zurück. Fünf Schwestern starben im Exil. In Dillingen starben zudem vier Schwestern an der Pest.

Ab dem Jahr 1774 unterrichteten die Schwestern die Kinder in Dillingen, auch in der französischen Sprache. Sie ließen sich damit auf völlig Neues ein. Später sicherte diese Aufgabe ihr Überleben. Denn der Dienst bewegte den bayerischen König im Jahr 1827 dazu, den Orden wieder zu errichten. Durch die Säkularisation im Jahr 1803 war der Konvent auf fünf Schwestern geschrumpft. 

Hilfswerk gegründet

Zu den ersten Novizinnen im Jahr der Restauration gehörte Maria Theresia Haselmayr. Sie wurde später Generaloberin und gründete mit dem Direktor des Priesterseminars, Regens Johann Wagner, ein Hilfswerk für Menschen mit Behinderung, das bis heute existiert. 

Durch sechs Jahrhunderte hindurch gab es Dillinger Franziskanerinnen nur in Dillingen. Immer waren es 20 bis 30 Schwestern. Ab 1843 entstanden erste Filialen innerhalb Deutschlands. 

Ab 1913 wurde die Gemeinschaft international. Damals nahmen 24 Schwestern vom Mutterhaus Abschied für die Wirtschaftsführung der Benediktinerabtei in Collegeville (USA). Daraus entstand eine Filiale im US-Bundesstaat North Dakota. Nach der Aufhebung der klösterlichen Schulen im nationalsozialistischen Deutschland gingen Dillinger Franziskanerinnen 1937 nach Brasilien. So entstanden dort zwei Filialen. Ab 1976 kehrten indische Schwestern von Dillingen aus in ihre Heimat zurück. Daraus entstand 1999 eine eigene Provinz.

Heute leben 585 Dillinger Franziskanerinnen und sechs Novizinnen in 68 Konventen. Den Tagesablauf und die Balance zwischen Arbeit und Gebet legt jeder Konvent für sich selbst fest. Außerdem steht auf dem Plan jeder einzelnen Schwester täglich eine halbe Stunde Besinnung. 

Die Schwestern arbeiten als Lehrerinnen, Erzieherinnen und Sozialarbeiterinnen, Pastoral- und Gemeindereferentinnen, in der Kranken- und Altenpflege, aber auch als Gärtnerinnen und Verwaltungsangestellte. Die Dillinger Franziskanerinnen haben einen Klosterladen, Tagungshäuser, Kindergärten, Kinderheime und zwei Schulen. 

Die brasilianischen Schwestern wirken in den dortigen kirchlichen Basisgemeinden mit, widmen sich den Straßenkindern, Landlosen und Landarbeitern, aber auch den Indios. Die indischen Schwestern sind in der Gemeindepastoral und mobilen Krankenstationen tätig, außerdem in Förderprogrammen für Frauen sowie in AIDS-Projekten.   

Martin Gah

20.05.2021 - Bistum Augsburg , Jubiläum , Orden