Pfadfinder kaufen für Risikogruppen ein

Wenn der Korb vor der Tür steht

KARLSHULD  – „Das ist superprofessionell organisiert“, schwärmt Sandra Schnell, Stammesführerin der Karlshulder Pfadfinder, von der Einkaufshilfe in Coronazeiten. Die hat die Nachbarschaftshilfe „Wir füreinander“, gemeinsam mit den Pfadfindern vom Stamm Totila und der Gemeinde Karlshuld eingerichtet.

Die meisten Ehrenamtlichen der Nachbarschaftshilfe, die vom Caritas-Kreisverband getragen wird, gehören altersbedingt zur Risikogruppe, weshalb Gemeinderätin Bianca Glöckl froh war, als die Pfadfinder ihre Hilfe anboten. Derzeit sind etwa zehn Pfadfinder plus sieben Karls­hulder Bürger im Einsatz. Sandra Schnell hat noch weitere sieben Pfadfinder in petto, falls der Bedarf steigen sollte. Die meisten sind Sippenführer, die derzeit keine Gruppenstunden halten können und die freiwerdende Zeit daher anderweitig in den Dienst der Gesellschaft stellen – ganz nach dem Motto der Pfadfinder „Jeden Tag eine gute Tat“. 

Glöckl koordiniert die Nachbarschaftshilfe vor Ort. Sie hat die ehrenamtlichen Einkäufer eingewiesen, sie unter anderem auf ihre Schweigepflicht hingewiesen und erklärt, wie das bargeld- und kontaktlose Karlshulder System funktioniert. Das hat sich der amtierende Zweite und zukünftig Erste Bürgermeister Michael Lederer ausgedacht. Zunächst hatte er an Kreditkarten gedacht, wie es in der Lebensmittelbranche üblich ist. Doch das hätte die anderen Geschäfte ausgeschlossen. „So kamen wir auf die EC-Karte“, erzählt er. Es wurde ein Konto auf Glöckls Namen eingerichtet und je eine EC-Karte an sechs Karlshulder Geschäfte ausgegeben. Zwei Lebensmittelgeschäfte, eine Metzgerei, ein Getränkemarkt und die beiden Apotheken beteiligen sich, alles ortsansässige Unternehmen. 

Die Einkäufer besitzen einen Ausweis der Gemeinde, und die Geschäftsleute erhalten mithilfe der EC-Karte ihr Geld. Wer für sich einkaufen lässt, muss mit der ersten Bestellung eine Sepa-Lastschrift ausfüllen, sodass das Konto wieder ausgeglichen werden kann. Die Helfer werfen die Kassenzettel in den Briefkasten, stellen die Einkäufe vor die Tür und klingeln oder rufen an, sodass die Waren gleich entgegengenommen werden können. Glöckl hat die Einkäufer mit selbstgenähten Behelfsmasken ausgestattet und bietet in ihrem Getränkemarkt an, größere Flaschen-Mengen direkt zu liefern. „Damit müssen sich die jungen Leute nicht abschleppen“, findet sie. 

Sich helfen lassen

Wichtig ist ihr, dass Menschen, die zu den Risikogruppen gehören, ihre Hemmschwelle überwinden und sich helfen lassen. Informiert wurden die Bürger über einen Flyer, um den sich überwiegend Lothar Schmeißer gekümmert hat. Wer den Einkaufsservice in Anspruch nehmen will, meldet sich werktags zwischen 9 und 13 Uhr telefonisch bei Gemeindemitarbeiterin Beatrix Müller, die als erste Ansprechpartnerin fungiert. Wenn möglich, wird jedem Bedürftigen ein bestimmter Einkäufer an die Seite gestellt.

In der Nachbargemeinde Königsmoos koordiniert Gemeinwesenarbeiterin Gabriele Bauer die Einkaufshilfe. Sie hat circa zehn Einkäufer zur Verfügung, die überwiegend aus der Nachbarschaftshilfe stammen. „Wenn sich jemand bei mir meldet, schaue ich zunächst, welcher Helfer in dessen Nähe wohnt“, erklärt Bauer, die sich freut, dass sie bisher von jedem Ehrenamtlichen sofort eine Zusage bekommen hat. Allzu zu hoch sei die Nachfrage noch nicht, was sie darauf zurückführt, dass die familiären Strukturen auf dem Land noch sehr gut greifen. 

Neun der insgesamt elf lokalen Nachbarschaftshilfen im Landkreis bieten den kostenlosen Einkaufsdienst an, der in Rohrenfels und Ehekirchen wie in Karlshuld bargeld- und kontaktlos erfolgt. In Aresing, Burgheim, Karlskron, Königsmoos, Rennertshofen und Weichering soll das Bargeld möglichst kontaktlos zum Beispiel in Briefumschlägen vor der Tür übergeben werden. Als Hilfestellung hat Johanna Knöferl vom Caritasverband auf der Website der Nachbarschaftshilfe Empfehlungen veröffentlicht, beispielsweise das Geld in einen Umschlag vor die Tür zu legen. Dort sind auch die Telefonkontakte veröffentlicht: www.wirfuereinander.de.

Andrea Hammerl